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Im Schweizer Gesundheitswesen läuft aktuell nicht alles rund. Nun wurde vor einiger Zeit die Reform “EFAS” vorgestellt, um zumindest die Finanzierungsstruktur von gesundheitlichen Leistungen zu optimieren. Alles zu dieser Reform und warum sie so dringend notwendig ist, gibt es in diesem Magazinbeitrag.
Alles auf einen Blick
Durch die EFAS sollen die Kosten für ambulante, stationäre und pflegerische Leistungen nach einem einheitlichen Prinzip vergütet werden. Sollte die Reform im November 2024 die Volksabstimmung passieren, so würde das Vergütungsmodell ab 2028 in zwei Schritten eingeführt werden. Änderungen würden sich vor allem für die Kantone ergeben, denn diese erhalten durch die EFAS deutlich mehr Mitspracherecht und Einflussvermögen. Da die Versicherer finanziell entlastet werden, könnten für Patienten die Versicherungsprämien mit der Einführung sinken.
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Was ist EFAS?
EFAS ist die Abkürzung für die einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen. Diese Reform des Schweizer Gesundheitswesens sieht vor, dass alle Leistungen der Krankenversicherung, sprich ambulante Leistungen, stationäre Leistungen sowie Leistungen im Pflegebereich, nach einem einheitlichen Verteilungsschlüssel bezahlt werden.
Damit wäre die Finanzierung der Leistungen unabhängig von deren Art. Hinsichtlich der Pflegeleistungen (für Pflege zu Hause und in Pflegeheimen) würden die Patienten weiterhin einen begrenzenten Kostenbeitrag entrichten. Insgesamt würden durch die EFAS drei Finanzierungssysteme durch ein einheitliches ersetzt werden. Die einheitliche Finanzierung soll dabei in zwei Schritten ab 2028 und ab 2032 eingeführt werden, sofern das Referendum im November 2024 die Einführung befürwortet.
Gesetzlicher Hintergrund
Am 22. Dezember 2023 wurde die entsprechende Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) zur einheitlichen Finanzierung verabschiedet. Der Entscheid untersteht dem fakultativen Referendum. Die Volksabstimmung zur Einführung der EFAS findet am 24. November 2024 statt.
Hintergrund und Ausgangslage
Die aktuelle Situation im Schweizer Gesundheitswesen sieht wie folgt aus: An der Finanzierung sind zum einen die Kantone mit ihren Steuerpflichtigen und die Versicherer mit ihren Versicherten beteiligt. Momentan teilen sich beide die Finanzierung der stationären Leistungen, also Spitalaufenthalte mit mindestens einer Übernachtung. Dabei entrichten die Kantone 55 Prozent der Kosten, die Versicherer müssen 45 Prozent bezahlen.
Ambulante Leistungen werden hingegen zu 100 Prozent von den Versicherern übernommen, die Kantone zahlen dabei überhaupt nichts. Damit tut sich die bestehende Problematik auf: Wenn eine ambulante OP beispielsweise mehr kostet als 45 Prozent der Kosten einer stationären Behandlung, fällt die Wahl oftmals auf den stationären Aufenthalt, auch wenn eine ambulante Behandlung insgesamt kostengünstiger und sinnvoller für den Patienten wäre.
Die Versicherer geben somit oftmals stationären Aufenthalten den Vorrang, obwohl ambulante Behandlungen insgesamt kostengünstiger wären. Das bremst die Zusammenarbeit der Leistungserbringer entlang der Behandlungskette, steht einer integrierten Versorgung im Weg und behindert die kostendämpfende Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich. Ausserdem entstehen mit diesem System Fehlanreize, denn die Entscheidung über die passende Behandlung wird zu sehr von finanziellen Überlegungen beeinflusst. Diese Wahl sollte allerdings rein medizinisch und aus patientenorientierter Sicht erfolgen.
EFAS – Änderungen
Die Änderungen der EFAS sollen in zwei Teilschritten in Kraft treten. 2028 sollen zunächst ambulante und stationäre Leistungen nach einem neuen Verteilungsschlüssel bezahlt werden. Dieser sieht für die Nettokosten wie folgt aus:
- Kantone: 24,5 Prozent
- Versicherer: 75,5 Prozent
In einem zweiten Schritt sollen dann vier Jahre später, also 2032, auch die Pflegeleistungen in das System der einheitlichen Finanzierung mit einbezogen werden. Dabei steigt nochmals der Anteil, der von den Kantonen entrichtet werden muss:
- Kantone: min. 26,9 Prozent
- Versicherer: max. 73,1 Prozent
Das ändert sich für Patienten und Versicherte
Für Patienten würde EFAS insgesamt wenig Änderungen mit sich bringen. Sie empfangen die Rechnungen von Leistungen weiter wie bisher, um sie an ihre Versicherung zur Kostenerstattung weiterzuleiten. Die persönliche Kostenbeteiligung bleibt in ihrer maximalen Höhe unverändert. Insgesamt könnte das System jedoch die bedarfsgerechte Behandlung von Patienten fördern und die Zahl der notwendigen Aufenthalte im Spital senken. Einige Experten prophezeien zudem tiefere Prämien für die Versicherten (mehr dazu siehe Abschnitt Kostenentwicklung).
Das ändert sich für die Kantone
Für die Kantone würden die Kompetenzen im ambulanten Bereich zunehmen, wohingegen sie im stationären Bereich nahezu unverändert bleiben. Innerhalb der ambulanten Versorgung erhalten die Kantone jedoch neue Instrumente zur Steuerung von Angebot und Kosten. Ausserdem wirken sie in den Tariforganisationen für die ärztlich-ambulanten Leistungen sowie in den neuen Tariforganisationen für die Pflegeleistungen mit. Weiterhin könnten die Kantone Zulassungen für ambulante Leistungserbringer beschränken, falls das Kostenwachstum beziehungsweise -niveau zu weit über dem schweizweiten Durchschnitt liegt.
Die Kantonsbeiträge würden für die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) berechnet. Dabei richten die Kantone die Beiträge an einen neuen spezialisierten Ausschuss der aktuellen Gemeinsamen Einrichtung KVG.
Das ändert sich für die Versicherer
Die Versicherer übernehmen zunächst die gesamte Vergütung der Leistungserbringer einschliesslich der Kantonsbeiträge. Letztere erhalten sie jedoch in einem zweiten Schritt über die Gemeinsame Einrichtung KVG wieder zurück. Bezüglich der Pflegedienstleistungen würden künftig neue Tarife mit den Leistungserbringern ausgehandelt. Dabei soll der Anreiz zu Versicherungsmodellen geschaffen werden, die eine koordinierte Versorgung begünstigen und die Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich fördern. Ansonsten bleibt die Rolle der Versicherer weitgehend unverändert.
Das ändert sich für die Leistungserbringer
Auch für die Leistungserbringer ändert sich mit der EFAS prinzipiell wenig. Sie werden weiterhin nach Tarifen entschädigt, die mit den Versicherern ausgehandelt wurden und schicken ihre Rechnungen an die Patienten oder direkt an die Versicherer.
Allerdings würde die einheitliche Finanzierung den Leistungserbringern einen Anreiz geben, die ambulante Versorgung vermehrt auszubauen. Von einer höheren Nachfrage würden also vor allem der ambulante Spitalbereich und Hausärzte profitieren. Änderungen bei der Zahl stationärer Behandlungen und das Hinausschieben von Pflegeheimeintritten könnte des Weiteren Pflegepersonal für Langzeitpflege freigegeben, was den Personalmangel im Bereich der Pflege lindern könnte. Beachten muss man jedoch, dass die Pflegefachkräfte nur in ihrem Arbeitsbereich “verschoben” werden, sich nominal aber nichts an der mangelnden Fachpersonalzahl ändert.
Für die Langzeitpflege könnten sich weitere wichtige Änderungen durch die EFAS ergeben. Heute legen die Kantone in der Langzeitpflege die Restfinanzierung fest, ohne die Leistungserbringer einbeziehen zu müssen. Neu wäre in dieser Hinsicht, dass sowohl die Leistungserbringer als auch die freiberuflichen Pflegefachpersonen in den Tariforganisationen vertreten sind, um die Tarife für Pflegeleistungen auszuhandeln.
EFAS – Kostenentwicklung
In den letzten zehn Jahren konnte man einen prozentualen Anstieg der Kosten für die Versicherungen verfolgen, der deutlich über der Kostensteigerung für die Kantone lag. In der Folge kam es auch zu einem Prämienanstieg für die Versicherten, da sich die Kantone nicht an den ambulanten Kosten beteiligen mussten, sondern nur an den schwächer steigenden Kosten der stationären Leistungen. Es fand also eine Verschiebung von einer Steuer- zur Prämienfinanzierung statt.
Die EFAS soll dieser Unausgeglichenheit ein Ende setzen. Für Versicherte würde das wahrscheinlich langfristig aus Prämiensicht günstiger sein als der bestehende Status quo. Der curafutura-Direktor Pius Zängerle prophezeit bereits tiefere Prämien mit der Einführung im Jahr 2028.
EFAS – Vorteile und Kritik
Die EFAS würde ein einheitliches Modell zur Finanzierung von Gesundheitsleistungen bedeuten, wodurch die Versorgung im Vordergrund steht und weniger von finanziellem Druck überschattet wird. Doch auch wenn die Reform als “grosses Ding” angekündigt wird, löst sie die bestehende Situation nicht allumfassend.
Es bleiben immer noch die aktuell umstrittenen Tarife bestehen. Ausserdem ist die Einführung der einheitlichen Finanzierung an eine Vielzahl von Bedingungen geknüpft. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Argumente für und gegen die Reform zusammen.
Erwartete Vorteile Nachteile & Kritik Entlastung der Prämienzahler Keine Lösung für derzeit umstrittene Tarife Sparpotenzial zugunsten aller Finanzierungsträger Viele zu erfüllende Voraussetzungen bis zum Inkrafttreten im Beschluss festgelegt Unnötige stationäre Behandlungen entfallen, Spitalaufenthalte werden vermieden, Pflegeheimeintritte verzögert Ambulante Infrastruktur muss ausgebaut werden Kontinuierliche ambulante Überwachung von chronisch-kranken Patienten (-> weniger Notfalleinweisungen ins Spital) Finanzielle Belastung für stationäre Spitäler (weniger Bettenbelegung) Förderung der integrierten Versorgung
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- Bundesamt für Gesundheit, Volksabstimmung zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) (Einheitliche Finanzierung der Leistungen), https://www.bag.admin.ch/... (letztes Abrufdatum: 10.10.2024)
- curafutura, Einheitliche Finanzierung, https://curafutura.ch/... (letztes Abrufdatum: 10.10.2024)
- Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren, Einheitliche Finanzierung – Die Kantone empfehlen ein Ja, https://www.gdk-cds.ch/... (letztes Abrufdatum: 10.10.2024)
- Bundesamt für Gesundheit, KVG-Änderungen: Einheitliche Finanzierung der Leistungen, https://www.bag.admin.ch/... (letztes Abrufdatum: 10.10.2024)
- ja zur einheitlichen Finanzierung, https://www.pro-efas.ch/... (letztes Abrufdatum: 10.10.2024)