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Das Gesundheitswesen der Schweiz gilt als eines der besten weltweit und erfreut sich hoher Benutzerzufriedenheit. Trotz dieser herausragenden Stellung sieht sich das Gesundheitswesen jedoch mit bedeutenden Herausforderungen konfrontiert: stetig steigende Gesundheitskosten, ein sich verschärfender Fachkräftemangel und die Notwendigkeit einer fortschreitenden Digitalisierung. Der folgende Artikel gibt einen umfassenden Überblick über das Thema hinsichtlich Struktur, Finanzierung und aktuellen Entwicklungen im Schweizer Gesundheitswesen. Eine detaillierte Analyse soll helfen, die Vorzüge sowie die dringendsten Baustellen des Systems zu verstehen und mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen.
Alles Wichtige auf einen Blick
- Pflichtversicherung: Alle Einwohner müssen eine obligatorische Grundversicherung abschliessen.
- Föderalistische Struktur: Kantone verwalten das Gesundheitswesen; Bund regelt übergeordnete Themen.
- Hohe Gesundheitskosten: Schweiz zählt zu den Ländern mit den höchsten Gesundheitsausgaben.
- Herausforderungen: Fachkräftemangel, steigende Kosten, Notwendigkeit der Digitalisierung
Inhaltsverzeichnis
Wie ist das Gesundheitswesen in der Schweiz aufgebaut?
Das Schweizer Gesundheitssystem ist stark föderalistisch organisiert, was bedeutet, dass die 26 Kantone eine entscheidende Rolle bei der Verwaltung und Organisation des Gesundheitswesens spielen. Sie verfügen über weitreichende Kompetenzen in der Gesundheitsversorgung und sind unter anderem verantwortlich für die Organisation der Spitäler, die Zulassung zur Berufsausübung, die Spitzenmedizin und die Präventionsmassnahmen.
Der Bund ist hingegen für nationale Regelungen zuständig, etwa im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung, der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten sowie der Fortpflanzungs- und Transplantationsmedizin.
Infrastruktur
Die Schweiz verfügt über eine dichte Gesundheitsinfrastruktur mit etwa 4,4 Spitalbetten pro 1 000 Einwohner. Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz damit hinter Ländern wie Deutschland und Österreich, jedoch vor Italien und Spanien.
Land Spitalbetten / 1'000 Einwohner Korea 12,8 Japan 12,6 Deutschland 7,8 Österreich 6,9 Frankreich 5,7 Schweiz 4,4 Italien 3,1 Spanien 3,0 Schweden 2,0
Viele Kantone haben in den letzten Jahren ihr Spitalwesen neu strukturiert, um eine effizientere und spezialisierte Versorgung zu ermöglichen. Im Durchschnitt leben die Schweizer nur etwa einen Kilometer entfernt von einer Einrichtung der medizinischen Grundversorgung. Zudem ist die ärztliche Versorgung durch eine hohe Ärztedichte von etwa 44 Ärzten pro 10 000 Einwohner gewährleistet. Dieser Wert liegt im europäischen Vergleich im Mittelfeld.
Neben der schweizerischen Ärzteschaft zeichnet sich das Schweizer Gesundheitswesen durch eine Vielzahl weiterer Akteure aus. Hierzu zählen zahlreiche Fachpersonen, welche in Spitälern, Arztpraxen, Pflegeheimen sowie bei der Spitex arbeiten.
Institutionen Beschäftigte Weitere Kennzahlen Spitäler 185'775 275 Spitäler, 37'926 Betten Alters- und Pflegeheime 103'355 100'727 Plätze Spitex 29'085 42 % Inanspruchnahme ab 80 Jahren Arztpraxen 19'313 Ärzte, 31'665 nicht-ärztliches Personal 17'631 Arztpraxen & ambulante Zentren
Gesundheitswesen Schweiz – Obligatorische Versicherung
In der Schweiz besteht eine obligatorische Grundversicherungspflicht für alle Einwohner. Jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz ist verpflichtet, eine Grundversicherung bei einer der rund 50 vom Bund anerkannten Krankenkassen abzuschliessen. Diese Kassen unterliegen einer Reglementierung durch den Bund und müssen alle Versicherten gleichbehandeln. Die Prämienhöhe richtet sich nach Wohnort, Alter und Franchise. Da zwischen den Kassen ein Wettbewerb besteht, sind die monatlichen Prämien abhängig von Kasse und Kanton.
Weiterhin müssen Versicherte eine sogenannte Franchise entrichten. Dabei handelt es sich um eine fixe jährliche Beteiligung an den Gesundheitskosten. Die Franchise variiert bei Erwachsenen zwischen 300 und 2’500 Schweizer Franken pro Jahr, wobei höhere Franchise-Beträge niedrigere Prämien ermöglichen. Zehn Prozent der Kosten, welche die Franchise übersteigen, müssen zudem selbst bezahlt werden. Diese Beteiligung ist der Selbstbehalt. Bei manchen Medikamenten liegt dieser sogar bei 20 Prozent. Der Selbstbehalt ist allerdings auf 700 Franken pro Jahr gedeckelt (Kinder: 350 Franken).
Schliesslich sieht das Versicherungssystem auch einen Spitalbeitrag vor: Versicherte müssen 15 Franken für jeden Tag bezahlen, den sie stationär verbringen. Ausgenommen hiervon sind jedoch Kinder junge Erwachsene bis 25 Jahre in Ausbildung sowie Frauen bei Mutterschaftsleistungen.
Abseits davon können fakultative Zusatzversicherungen abgeschlossen werden. Bei diesen besteht Vertragsfreiheit. Lebt man in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen, erhält man ausserdem eine Prämienverbilligung vom Wohnortskanton.
Versicherungsmodelle
Neben dem Standardmodell der Krankenversicherung gibt es in der Schweiz auch Sparmodelle, die eine Kostenreduktion ermöglichen. Diese Modelle beinhalten eine Einschränkung in der Wahl der Behandlungswege. Im Hausarztmodell etwa sparen Versicherte bis zu 20 Prozent an Prämien, wenn sie sich verpflichten, den Hausarzt als erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen zu wählen.
Das HMO-Modell und das Telmed-Modell bieten ebenfalls günstigere Prämien und setzen auf koordinierte Versorgung und telemedizinische Beratung, wodurch die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen effizienter gestaltet werden soll.
Versicherungsmodell Mögliche Prämieneinsparung Charakteristika/ Regelungen Freie Arztwahl keine Freie Entscheidung innerhalb des Wohnkantons und am Arbeitsort, zu welchem Arzt/ Spezialisten man gehen möchte. Hausarztmodell Bis zu 20 % Verpflichtung: bei Bedarf immer erst zum Hausarzt zu gehen, dieser übernimmt dann Koordinierung der Versorgung. HMO-Modell ("Health Maintenance Organization“) Bis zu 25 % Ähnlich Hausarztmodell: Patienten treten bei Bedarf zunächst mit gemeldeten Arzt aus HMO-Zentrum in Kontakt. Dieser Arzt ist Mitglied z. B. innerhalb einer Gemeinschaft von Ärzten oder in einer Gruppenpraxis und kümmert sich um die weitere Organisation. Telmed-Modell Bis zu 20 % Vor der Inanspruchnahme einer ärztlichen Dienstleistung (z. B. Arztbesuch, Spitalaufenthalt) muss eine bestimmte Kontaktstelle angerufen werden.
Gesundheitswesen Schweiz – Kosten
Die Schweiz zählt zu den Ländern mit den höchsten Gesundheitsausgaben weltweit und liegt in der Pro-Kopf-Betrachtung aller OECD-Länder an siebter Stelle hinter den USA und einigen europäischen Nachbarn.
Gesundheitsausgaben Schweiz
2021 beliefen sich die Gesundheitsausgaben in der Schweiz auf insgesamt 86,3 Milliarden Schweizer Franken. Das entspricht 11,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts. 2007 lag dieser Wert noch bei 9,3 Prozent.
Gründe für die hohen Ausgaben sind die alternde Bevölkerung, der medizinische Fortschritt und steigende Ansprüche an die Gesundheitsversorgung. Zur Kostensenkung setzt das Schweizer Gesundheitssystem auf Managed-Care-Modelle und eine neue Spitalfinanzierung. Zudem sollen Strategien wie eHealth zur effizienteren Nutzung der Ressourcen beitragen.
Gesundheitswesen Schweiz – Gesundheitsindikatoren
Gesundheitsindikatoren sind messbare Merkmale, die den Gesundheitszustand einer gesamten Bevölkerung oder einer individuellen Person darstellen. Somit können diese Indikatoren einen Überblick zur gesundheitlichen Lage der Schweizer Bevölkerung liefern.
Nachfolgend sind einige Gesundheitsindikatoren der Schweiz im Überblick aufgelistet. Dabei handelt es sich aktuell noch um Schätzungen für das aktuelle Jahr:
- Anteil Erwachsener, die täglich rauchen: 25,08 Prozent (Männer: 27,6 Prozent, Frauen: 22,8 Prozent )
- Alkoholkonsum pro Kopf: 9,93 Liter
- Anteil Menschen mit Diabetes: 4,36 Prozent
Für die ältere Bevölkerung der Schweiz (ab 65 Jahren) konnte das Gesundheitswesen in der Vergangenheit vorzeigbare Erfolge erzielen:
- Anstieg der gesunden Lebensjahre bei Männern von 11,1 auf 14,4 und bei Frauen von 11,9 auf 14,9 Jahre (Zeitraum: 1992 bis 2022)
- Verbesserte Autonomie im Alltag ab 75 Jahren
Nicht verschweigen darf man jedoch auch die negativen Entwicklungen. In der Altersgruppe zwischen 65 und 74 Jahren zeigen ein Fünftel der Männer und ein Viertel der Frauen Anzeichen einer Depression. Zudem beträgt die Quote von Übergewicht und Adipositas bei Menschen über 65 mittlerweile 52,7 Prozent.
Gesundheitswesen Schweiz – Medikamentenabgabe
Der Schweizer Medikamentenmarkt verzeichnete 2024 ein Volumen von 7,7 Milliarden Schweizer Franken (Fabrikabgabepreise), was einen Anstieg um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Apotheken bleiben der wichtigste Kanal für die Medikamentenabgabe, wo zwei Drittel aller Packungen verkauft werden. Wertmässig machen Apothekenverkäufe nicht ganz die Hälfte des Gesamtumsatzes aus. Drogerien sind hingegen für nur ein Prozent verantwortlich.
Der Preis für patentgeschützte Medikamente ist in der Schweiz jedoch im Vergleich zum Ausland hoch: Die 250 umsatzstärksten patentgeschützten Originalpräparate kosten im vergleichbaren Ausland durchschnittlich neun Prozent weniger als in der Schweiz. Der starke Franken hat ebenfalls dazu beigetragen, dass sich der Preisabstand gegenüber 2023 vergrössert hat.
Generika spielen eine zunehmende Rolle und machen etwa 24 Prozent des Gesamtmarktes aus. Mit 51 Prozent bilden jedoch patentgeschützte Medikamente den grössten Teil des Schweizer Pharmasektors.
Die enge Verflechtung mit der EU ist im Bereich der Arzneimittel besonders ausgeprägt, wobei die Schweiz für die EU als wichtiger Handelspartner im Pharmasektor gilt. Rund 42,5 Prozent der aktiven Wirkstoffe, 91 Prozent der Antibiotika sowie 89 Prozent der Impfstoffe bezieht die Schweiz aus der EU. Andersherum stammen aus EU-Sicht 32 Prozent der Wirkstoffimporte aus der Schweiz.
Gesundheitswesen Schweiz – Aktuelle Situation
Das Schweizer Gesundheitswesen gilt als eines der besten der Welt und erreicht eine hohe Zufriedenheit. Dennoch sieht sich das System aktuell mit bedeutenden Herausforderungen konfrontiert, insbesondere im Bereich der Kosten und des Fachkräftemangels.
Zur Kostenbekämpfung wird beispielsweise das Modell EFAS (Einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen) als neue Struktur entwickelt, um das Finanzierungsmodell effizienter zu gestalten und die Gesundheitsausgaben zu senken.
Der Fachkräftemangel bleibt jedoch die grösste Baustelle: Laut dem Stellenmarkt-Monitoring des soziologischen Instituts der Universität Zürich und der Adecco Group führen die Gesundheitsberufe die Rangliste des Fachkräftemangels weiterhin an, gefolgt von medizin-technischen und medizin-therapeutischen Berufen sowie der Ärzteschaft.
Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle, um dem Fachkräftemangel und der Bürokratie entgegenzuwirken. Mit der Einführung des Elektronischen Patientendossiers soll der administrative Aufwand reduziert und der Zugang zu Patientendaten vereinfacht werden. Zusätzlich soll die Pflegeinitiative für eine bessere Anerkennung und Förderung der Pflegeberufe sorgen und dadurch die Attraktivität des Berufs steigern, was ebenfalls zur Entspannung der Personalsituation beitragen könnte.
Passende Jobs im Gesundheitswesen
Wer aktuell auf der Suche nach einem neuen Job im Schweizer Gesundheitswesen ist, wird bei Medi Karriere fündig. Hier gibt es zahlreiche freie Stellen als Pflegefachfrau, Job-Angebote für FaGe sowie viele weitere Stellenangebote in der Therapie.
- Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz, Medienmitteilung: Wachstum des Medikamentensektors geht zurück – Nachahmerpräparate gewinnen massiv dazu, https://www.interpharma.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Krankenversicherung: Prämien und Kostenbeteiligung, https://www.bag.admin.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Krankenversicherung: Versicherungsmodelle mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer, https://www.bag.admin.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Versicherungsmodelle, https://www.versicherung-schweiz.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Destatis, Global Health Observatory, Weltgesundheitsorganisation (WHO), https://www.destatis.de/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Was sind Franchise, Selbstbehalt und Prämie?, https://www.oekk.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Gesundheitssystem, https://www.eda.admin.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Gesundheitswesen, https://www.bfs.admin.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz, Panorama Gesundheit 2024, https://www.interpharma.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Statista, Gesundheitsindikatoren – Schweiz, https://de.statista.com/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Statista, Anzahl von Krankenhausbetten in OECD-Ländern in den Jahren 2020 bis 2022 (je 1.000 Einwohner), https://de.statista.com/... (Abrufdatum: 31.10.2024)
- Aktueller Stand der Schweizer Gesundheitspolitik, https://www.politikundpatient.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- KPMG, Fachkräfte im Gesundheitswesen, https://kpmg.com/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Lebenserwartung in guter Gesundheit ab 65 Jahren, https://ind.obsan.admin.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)
- Gesundheitsindikatoren zur älteren Bevölkerung in der Schweiz, https://www.bag.admin.ch/... (Abrufdatum: 06.02.2025)