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Walter Rudolf Hess war ein bekannter Schweizer Physiologe, der für seine bahnbrechenden Arbeiten im Bereich der Neurophysiologie und für seine Entdeckungen in Bezug auf das autonome Nervensystem bekannt ist. In seinen zahlreichen Publikationen berichtete Hess unter anderem über seine Entdeckungen zur Physiologie des Nervensystems und dessen Effekte auf die Körperfunktionen. Dabei gewann er in seinen Experimenten zum Teil bahnbrechende Erkenntnisse über die funktionelle Organisation des Zwischenhirns und wie dieses die Funktionen der inneren Organe koordiniert.
Für seine wissenschaftlichen Leistungen erhielt Walter Rudolf Hess im Jahr 1949 den Nobelpreis in Physiologie oder Medizin. Dieser Artikel beleuchtet unter anderem seinen medizinischen Werdegang und seine Forschungsgebiete.
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Hess – Biografie
Walter Rudolf Hess wurde am 17. März 1881 im Schweizer Ort Frauenfeld als Sohn des Physiklehrers Dr. Clemens Hess und dessen Frau Gertrud Hess geboren. Er studierte unter anderem an der Universität Zürich Medizin und promovierte dort im Jahr 1906. Nach dem Studium begann Hess eine Ausbildung in der Augenheilkunde und war einige Jahre als Augenarzt tätig. Während dieser Zeit heiratete er seine Frau Louise Sandmeier, mit der er zwei Kinder bekam.
1912 kehrte er an die Universität Zürich zurück und begann seine Karriere in der Forschung. Dort wurde er auch wenige Jahre später als Nachfolger von Justus Gaule zum Leiter des Instituts für Physiologie ernannt. Welche Stationen er im Rahmen seiner Forschungstätigkeit dabei besuchte, zeigt die nachfolgende Tabelle.
Zeitraum | Ereignis |
1912 | Assistent Justus Gaules am Physiologischen Institut der Universität Zürich |
1913 bis 1917 | Tätigkeit als Privatdozent |
1913, 1915/16 | Forschungsaufenthalte am Physiologischen Institut der Universität Bonn |
ab 1917 | Professor für Physiologie an der Universität Zürich, Ernennung zum Direktor des Physiologischen Instituts |
ab 1924 | Forschung zum Zwischenhirn, angrenzenden Abschnitten und dem vegetativen Nervensystem |
Hess setzte seine Forschungsarbeit bis ins Alter fort, bis er sich 1951 zu Ruhe setzte. Am 12. August 1973 verstarb er schliesslich in Ascona. Er hinterliess eine reiche wissenschaftliche Erbschaft in den Bereichen der Physiologie und Neurophysiologie. Seine Arbeit wird noch heute von Forschern/-innen auf der ganzen Welt geschätzt.
Hess – Medizinischer Werdegang
Obwohl Walter Rudolf Hess zunächst eine Karriere in der Augenheilkunde begann, galt sein eigentliches Interesse schon während des Medizinstudiums der Wissenschaft. Bereits seine Dissertation im Jahr 1906 befasste sich mit der Physiologie und handelte von der Viskosität des Blutes. Nach wenigen Jahren der Tätigkeit als Augenarzt, verliess Hess diese Fachrichtung daher endgültig, um sich vollends der Forschung widmen zu können.
Nach seiner Anstellung als Assistent am Institut für Physiologie im Jahr 1912 folgten diverse Forschungsaufenthalte im Ausland, bevor er 1917 die Professur für Physiologie an der Universität Zürich erhielt. Ausserdem wurde er zum Direktor des Instituts gewählt.
Seine bahnbrechenden Erkenntnisse im Bereich der Neurophysiologie durch seine Forschungsarbeit am Zwischenhirn brachte Professor Doktor Walter Rudolf Hess im Jahr 1949 am Höhepunkt seiner medizinischen Karriere schlussendlich den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ein. Dieser verhalf ihm zu internationaler Bekanntheit und Anerkennung.
Hess – Forschungsgebiete
Hess befasste sich wissenschaftlich zunächst mit der Regulierung des Blutkreislaufs und der Atmung sowie der Verdauung. Später begann er mit Hilfe von Reizexperimenten Untersuchungen am Zwischenhirn. Dabei entdeckte er, dass das autonome Nervensystem im Zwischenhirn organisiert und koordiniert wird. Diesen Entdeckungen verdankte er auch den Nobelpreis.
Hess war für seine präzise Vorgehensweise bekannt, für die er beispielsweise auch Untersuchungs- und Messinstrumente selbst konstruierte. Dazu zählten beispielsweise das sogenannte Koordinometer, wobei es sich um einen Apparat handelt, der Störungen im Bereich der Augenmuskulatur darstellt, oder ein Instrument zur Messung der Blutviskosität – das Viskosimeter.
Ab 1924 arbeitete Walter Rudolf Hess mit Versuchstieren, bei denen er mit Hilfe feinster Elektroden bestimmte physiologische Reaktionen auslöste, indem er unter anderem gezielt Strukturen des Subkortex ausschaltete. Neben seinen ursprünglichen Reizexperimenten beschäftigte er sich auch mit dem Thema Schlaf und entdeckte im Zusammenhang mit diesen das Schlafzentrum.
Neben rein physiologischen Themen interessierte sich Hess weiterhin für die Wechselwirkungen zwischen dem vegetativen Nervensystem und der Psyche und befasste sich zum Teil sogar mit philosophischen und politischen Fragen, die sich aus seinen medizinischen Erkenntnissen für ihn ergaben.
Erforschung des Zwischenhirns
Mit der experimentellen Erforschung des Zwischenhirns begann Hess ab etwa 1924. Er untersuchte hierzu den Subkortex und benachbarte Strukturen sowie die funktionelle Bedeutung des vegetativen Nervensystems. Als Pionier entwickelte er dabei eine Untersuchungsmethode, mit welcher er gezielt kleine Hirnareale bei Katzen ausschalten konnte. Hierzu implantierte er feinste Elektroden, die bei Reizung eine Stimulation bis hin zur Ausschaltung der betroffenen Hirnregion zur Folge hatten.
Die bahnbrechende Komponente dieser Experimente bestand darin, dass die untersuchten Tiere wach und frei von Narkosemedikamenten waren. So konnten die physischen Reaktionen, wie zum Beispiel Agressionsverhalten, Defäkation oder Blutdruckanstieg, auf Film festgehalten werden. Anschliessend wurden die zerstörten Hirngebiete mikroskopisch lokalisiert und kartografiert. Somit war es möglich, diesen Gebieten bestimmte Körperfunktionen zuzuordnen.
Da auch der Schlaf im Zwischenhirn reguliert wird, verhalfen Hess’ Erkenntnisse auch der Schlafforschung zur Weiterentwicklung. Er löste viele Male schlafähnliche Zustände durch Reizung bestimmter Hirnareale aus und gewann dadurch ganz neue Erkenntnisse über den Schlaf. Heutzutage nutzen Schlafforscher die Arbeit sogar, um zu überprüfen, inwieweit die tiefe Hirnstimulation bei Schlafstörungen hilfreich sein kann.
Hess – Bedeutung für die Medizin
Hess’ Untersuchungsergebnisse sind sowohl im damaligen Kontext als auch für spätere medizinische Untersuchungen bahnbrechend gewesen. Beispielsweise beschrieb Hess den Schlaf, entgegen dem damaligen wissenschaftlichen Konsens, nicht als Funktionsverlust. Für ihn war der Zustand vielmehr ein aktiver Prozess und der Schlaf-Wach-Rhythmus stellte eine Funktion des vegetativen Nervensystems dar. Dies begründete er unter anderem mit der Pupillenreaktion während des Schlafens. Als gelernter Augenarzt waren die Prozesse am Auge dabei für ihn beweisend für die vorhandene Hirnaktivität.
In der heutigen Schlafforschung ist ein EEG, also die Messung der Hirnströme, kaum wegzudenken. Hess hat aber erst in hohem Alter selbst ein EEG eingesetzt. Nach seinem Tod wurden Hess’ Experimente von einer Forschungsgruppe um seinen Sohn, wiederholt. Hierbei erfolgte der endgültige Beweis, dass Hess mit seinen Stimulationen „echten“ Schlaf induziert hatte.
Tiefe elektrische Hirnstimulation und Bewegungsstörungen
Die tiefe elektrische Hirnstimulation, die Hess zur Forschung verwendete, kam in der Vergangenheit auch bereits bei der Behandlung von Parkinson-Symptomen sowie anderen Bewegungsstörungen zum Einsatz und zeigt den Stellenwert seiner Tätigkeit und seiner Grundlagenforschung.
Hess – Veröffentlichungen
Die Universität Zürich, an der Hess lange Zeit forschte, verfügt über eine umfangreiche Sammlung von Veröffentlichungen, wozu Dokumente, Briefe und Aufzeichnungen des Wissenschaftlers gehören. Diese Sammlung ist online verfügbar und bietet einen tiefen Einblick in sein Leben und Wirken. Zwischen 1903 und 1970 veröffentlichte Walter Rudolf Hess dabei mehr als 250 wissenschaftliche Artikel und etliche Monografien.
Neben Veröffentlichungen zu rein medizinisch physiologischen Themen, beschäftigte er sich auch mit der Psychologie und einigen philosophischen Fragen. Auch hierzu publizierte er regelmässig.
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- Nationale Akademie der Wissenschaften – Leopoldina, Curriculum Vitae Prof. Dr. Walter Rudolf Hess, https://www.leopoldina.org/... (Abrufdatum: 05.06.2023)
- E. Stockhammer, Schweizerische Ärztezeitung, Zum dreissigsten Todestag des Neurophysiologen Walter Rudolf Hess, https://bullmed.ch/... (Abrufdatum: 05.06.2023)