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Die Kontrakturenprophylaxe ist gerade bei Verletzungen, Infektionen oder auch chronischen Erkrankungen, die das Risiko für Funktions- und Bewegungsverluste bestimmter Gelenke erhöhen können, ein wichtiger Bestandteil zur Vorbeugung und Verhinderung dessen. Hierbei sollen durch gezielte Massnahmen, wie aktive und passive Bewegungsübungen, körperliche Folgen reduziert oder verhindert werden. Doch was bedeutet der Begriff Kontrakturenprophylaxe genau und welche unterschiedlichen Massnahmen gibt es hierbei? Auf diese und weitere Fragen gibt der folgende Beitrag Antworten.
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Kontrakturenprophylaxe – Definition
Zur Definition des Begriffs der Kontrakturenprophylaxe und der damit einhergehenden Massnahmen, ist es sinnvoll, sich die beiden Bestandteile des Begriffs – Kontraktur und Prophylaxe – genauer anzuschauen. Das Wort Kontraktur leitet sich hierbei von dem lateinischen Verb „contrahere“ ab, welches so viel wie „zusammenziehen“ bedeutet und im medizinischen Bereich eine Verkürzung von Gewebe wie Muskeln, Sehnen und Bändern meint. In der Regel geht damit eine nur schwer reversible, Funktions- und Bewegungseinschränkung von benachbarten Gelenken einher. Diese entsteht dabei unter anderem durch mangelhafte Bewegung des betroffenen Gebietes und kann mit starken Schmerzen einhergehen.
Der Begriff Prophylaxe stammt aus dem Griechischen (prophylaxis) und kann mit „Vorsicht“ übersetzt werden. Hierunter werden grundsätzlich alle Massnahmen verstanden, die einer Beeinträchtigung der Gesundheit vorbeugen sollen. Die Kontrakturenprophylaxe soll dementsprechend die Entstehung von Kontrakturen verhindern und kann somit als vorbeugende Therapie zur Verhinderung steifer und kaum, bis gar nicht, bewegbarer Muskeln und Gelenke definiert werden.
Formen und Ursachen von Kontrakturen
Die Entstehung von Kontrakturen kann allgemein verschiedene Ursachen haben und entsprechend zu unterschiedlichen Formen von Kontrakturen führen. Wer das Risiko dessen minimieren möchte, sollte daher zunächst verstehen, welche Kontrakturformen es gibt. Die folgende Tabelle soll hier einen groben Überblick bieten.
Kontrakturenform | Folgen |
Flexionskontraktur (Beugekontraktur) | – Gelenk in Beugung – Streckung nicht möglich |
Extensionskontraktur (Streckkontraktur) | – Gelenk in Streckung – Beugung nicht möglich |
Abduktionskontraktur (Abspreizkontraktur) | – Gelenk in Abspreizung – Heranziehen nicht möglich |
Adduktionskontraktur (Heranziehungskontraktur) | – Gelenk in herangezogener Haltung – Abspreizen nicht möglich |
Mögliche Ursachen für eine Kontraktur können dabei beispielsweise vorangegangene Verletzungen oder Entzündungen sein, die eine längere Zeit der Immobilisation, also der eingeschränkten Bewegung, zur Folge hatten. Auch chronische Gelenkserkrankungen wie Rheuma, Arthrose oder Osteoporose können nicht behebbare Kontrakturen verursachen. Auch eine angeborene Kontraktur wie zum Beispiel ein Klumpfuss, chronische Schmerzen mit einer dauerhaften Schonhaltung sowie eine allgemein falsche Lagerung sind mögliche Gründe für eine Kontraktur.
Kontrakturenprophylaxe – Risikofaktoren
Für die Kontrakturenprophylaxe ist auch das Verständnis möglicher Risikofaktoren für eine Kontraktur wichtig. Grundsätzlich geht einer Kontraktur immer eine eingeschränkte beziehungsweise nicht vorhandene Bewegung bestimmter Muskeln, Gelenke oder ganzer Körperteile voraus. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Risikofaktoren für Kontrakturen und dementsprechend einige Indikationen für die Kontrakturenprophylaxe.
So stellen beispielsweise neurologische Erkrankungen, Lähmungen und Demenzerkrankungen ein erhöhtes Risiko für Kontrakturen dar. Auch nach Operationen oder längeren Infekten mit Bettlägerigkeit ist eine Kontrakturenprophylaxe sinnvoll. Ein weiteres Kontrakturenrisiko, welches nicht vergessen werden sollte, und aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit entstehen kann, stellt das Tragen eines Gips-, Schienen- oder Streckverbandes dar, da hierdurch ebenfalls nur eingeschränkte Bewegungsabläufe möglich sind.
Kontraindikatoren für eine Kontrakturenprophylaxe
Allerdings gibt es auch einige Situationen, in denen von einer Kontrakturenprophylaxe abzuraten ist. Bei akuten Entzündungen der Gelenke sowie der umgebenden Weichteile sollte so beispielsweise davon abgesehen werden. Auch infizierte Wunden in der Nähe des betroffenen Gelenks, Schmerzen bei der Durchführung der Massnahmen oder Blutdruckkrisen stellen Kontraindikatoren dar. Bei frischen Wunden, zum Beispiel nach einer Operation, sollte ebenfalls von einer entsprechenden Kontrakturenprophylaxe abgesehen werden.
Kontrakturenprophylaxe – Ziele
Ganz grundsätzlich ist das Hauptziel bei der Durchführung von Massnahmen im Rahmen der Kontrakturenprophylaxe die Sicherung der Bewegungsfunktion aller Gelenke. Dies kann sowohl vorbeugend erfolgen, aber auch zur Behebung bzw. Erleichterung bereits vorhandene Beschwerden genutzt werden. Durch die Prophylaxe können ausserdem nicht vermeidbare Kontrakturen herausgezögert werden.
Kontrakturenprophylaxe – Massnahmen
Bei der Kontrakturenprophylaxe stehen Physiotherapeuten/innen und Pflegekräften verschiedene Möglichkeiten zur Durchführung zu Verfügung. Der gesundheitliche Zustand der jeweiligen Patienten/-innen ist bei der Wahl der einzelnen Übungen dabei grundsätzlich ausschlaggebend. Diese werden, je nachdem wie viel Unterstützung die Betroffenen bei der Durchführung der Übungen erhalten, voneinander unterschieden und in entsprechende Kategorien unterteil. Die folgenden Abschnitte stellen dabei die wichtigsten Bewegungsübungen und deren Nutzen kurz vor.
Aktive Bewegungsübungen
Eine Möglichkeit der Kontrakturenprophylaxe sind aktive Bewegungsübungen, die von den Betroffenen eigenständig durchgeführt werden. Hierbei können Physiotherapeuten/innen oder auch Pflegefachpersonen wie Pflegefachfrauen / Pflegefachmänner den betroffenen Patienten/-innen zusätzliche Tipps und Anweisungen geben oder bei aktiv-assistierten Bewegungsübungen auch unterstützen. Die aktiven Übungen sind dabei die effektivsten Massnahmen der Kontrakturenprophylaxe. Welche aktiven Bewegungsübungen die Patienten-/innen hierbei konkret ausführen, hängt von dem betroffenen Körpergebiet ab und variiert daher.
Eine mögliche Übung kann hier zum Beispiel das Strecken, Beugen oder Spreizen der Finger oder der Zehen sein. Auch das Drehen der Hand- und Sprunggelenke ist eine hilfreiche Massnahme. Es kann zudem sinnvoll sein, das Heben, Senken, Anziehen, Abspreizen und Drehen der Arme bzw. das Beugen, Strecken und Heranziehen der Beine zu üben.
Die aktiven Bewegungsübungen dienen dabei nicht nur dem Training verschiedener Muskelgruppen und Gelenke, sondern fördern auch die allgemeine körperliche Wahrnehmung sowie die kognitive Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Da unter anderem Demenzerkrankte häufig unter Kontrakturen leiden, ist dies ein äusserst positiver Nebeneffekt der Kontrakturprophylaxe.
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Passive Bewegungsübungen
Passive Bewegungsübungen stellen eine weitere Behandlungsmöglichkeit im Zusammenhang mit der Kontrakturenprophylaxe dar und werden, im Gegensatz zu den aktiven Übungen, vollständig von Physiotherapeuten/-innen oder Pflegefachkräften übernommen. Dies ist beispielsweise bei komatösen, bewusstlosen, gelähmten oder stark geschwächten Menschen notwendig. Hierbei werden in erster Linie durch eine dauerhafte Kontraktur überdehnte Muskelregionen durch Klopfen, Bürsten oder auch Kühlung stimuliert. In diesem Fall findet jedoch kein motorisches Lernen statt. Daher erfolgt hier keine Verbesserung der aktiven Bewegungsfähigkeit.
Weitere Übungsmöglichkeiten
Neben den aktiven und passiven Bewegungsübungen können im Rahmen der Kontrakturenprophylaxe auch resistive Übungen gegen Widerstände sowie Anspannungsübungen durchgeführt werden. Resistive Übungen dienen dabei auch der Zunahme der Muskelkraft. Isometrische Übungen, sprich Anspannungsübungen, sollen den Muskeltonus ändern und ebenfalls die Muskelkraft trainieren. Diese Übungen werden in Fällen eingesetzt, in denen Extremitäten nicht bewegt werden dürfen, zum Beispiel bei Gelenkerkrankungen oder auch Frakturen.
Lagerung
Lagerungen sind ebenfalls ein Bestandteil der Kontrakturenprophylaxe. Hiermit ist das Positionieren eines/-r Patienten/-in selbst sowie der jeweiligen Extremitäten gemeint. Wichtig ist es hierbei, stets die Bedürfnisse, Bewegungsmöglichkeiten und Wünschen der Betroffenen zu beachten. Die Lagerung als Massnahme zur Vermeidung von Kontrakturen dient dabei unter anderem einer verbesserten Durchblutung der Haut durch eine Verminderung des Druckes oder auch der Förderung des Sekretabflusses.
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Häufige Fragen
- Wie kann man Kontrakturen vermeiden?
- Wann besteht ein Kontrakturenrisiko?
- Warum macht man eine Kontrakturenprophylaxe?
- Was sind aktive Bewegungsübungen?
Kontrakturen können in erster Linie durch die verschiedenen Massnahmen der Kontrakturenprophylaxe vermieden beziehungsweise vermindert werden. Die Kontrakturenprophylaxe bedient sich hierbei verschiedener Bewegungsübungen und Lagerungen. Diese können unter anderem aktiv durch den/die Patienten/-in selbst oder passiv durch Physiotherapeuten/-innen gestaltet werden, je nachdem wie viel Hilfe die Betroffenen bei der Durchführung der Übungen benötigen.
Ein erhöhtes Risiko für Kontrakturen besteht allgemein immer dann, wenn bestimmte Körperteile sowie Gelenke und Muskeln über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend bewegt werden. Dies kann verschiedene Ursachen haben. So besteht beispielsweise nach Operationen oder durch chronische Gelenkserkrankungen ein erhöhtes Kontrakturenrisiko. Eine Kontrakturenprophylaxe ist dann sinnvoll.
Die Kontrakturenprophylaxe soll einem Funktions- und Bewegungsverlust der Gelenke, Muskeln, Gelenkkapseln, Sehnen und Faszien vorbeugen. In Fällen, in denen eine Kontraktur langfristig nicht vermeidbar ist, soll diese ausserdem durch die Prophylaxe zumindest zeitlich herausgezögert werden. Welche Massnahmen dabei genauer ergriffen werden können, hängt auch vom Zustand des/-r Patienten/-in ab.
Aktive Bewegungsübungen sind alles Massnahmen im Rahmen einer Kontrakturenprophylaxe, die von den Betroffenen selbst durchgeführt werden. Physiotherapeuten/-innen und Pflegefachpersonen geben hier lediglich Anweisungen und Tipps bezüglich der Durchführung. Hierdurch ist diese Form der Prophylaxe am effektivsten.
- Thieme, I care Pflege, Kontrakturenprophylaxe, https://www.thieme.de/... (Abrufdatum: 19.11.2022)
- pqsg, Standard „Lagerungen im Rahmen der Kontrakturenprophylaxe“, https://pqsg.de/... (Abrufdatum: 19.11.2022)
- Repschläger M.: Kontrakturenprophylaxe in der Pflege, Physio- und Ergotherapie, Diplomica Verlag
- Fachkompetenz Pflege, Kontrakturenprophylaxe, https://www.fachkompetenz-pflege.de/... (Abrufdatum: 29.11.2022)
- Gelenk-Klinik, Kontraktur, https://gelenk-klinik.de/... (Abrufdatum: 29.11.2022)