Inhaltsverzeichnis
Patientensicherheit ist auch in der Schweiz ein sehr wichtiges Thema. Anlässlich des am 17. September stattfindenden und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufenen Internationalen Tag der Patientensicherheit finden dabei in vielen Schweizer Institutionen Aktionen zum Thema statt. Ziel der Patientensicherheit und der damit verbundenen Massnahmen ist dabei die grösstmögliche Verringerung vermeidbarer Schäden von Patienten/-innen durch eine unsichere Gesundheitsversorgung.
Welche Massnahmen dabei ergriffen werden und welche Anforderungen an die Sicherheit von Patienten/-innen gestellt werden, erläutert der folgende Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Patientensicherheit – Definition
Patientensicherheit wird von der WHO definiert als „Rahmen organisierter Aktivitäten, die Kulturen, Prozesse, Verfahren, Verhaltensweisen, Technologien und Umgebungen in der Gesundheitsversorgung schaffen, welche beständig und nachhaltig Risiken senken, das Auftreten vermeidbarer Schäden reduzieren, Fehler unwahrscheinlicher machen und die Auswirkungen von eintretenden Schäden verringern“.
In Folge zweier schwerwiegender, aber vermeidbarer Behandlungsfehler in der Schweiz im Jahr 2001, wurde zwei Jahre später hierzulande die Stiftung Patientensicherheit Schweiz gegründet. Diese definiert die Sicherheit der Patienten/-innen als „die Abwesenheit von vermeidbaren Schädigungen in der Patientenbehandlung sowie die Minderung des Risikos unnötiger Schädigung in der Gesundheitsversorgung auf ein akzeptables Minimum“.
Die Stiftung wird aktuell von insgesamt 14 verschiedenen Organisationen getragen. Dazu zählen unter anderem die Spitäler der Schweiz, das Kollegium für Hausarztmedizin und der schweizerische Apothekerverband.
Patientensicherheit – Bedeutung
Grosse Aufmerksamkeit erreichte das Thema der Patientensicherheit durch die Veröffentlichung eines Berichts durch das United States Institute of Medicine im Jahr 1999. Unter dem Titel „Irren ist menschlich: Aufbau eines sicheren Gesundheitssystems“ ergab die Studie, dass jährlich bis zu 98‘000 Personen in amerikanischen Krankenhäusern starben, weil sie Opfer von falscher medizinischer Behandlung geworden waren.
Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Rate an Behandlungsfehlern in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen besonders hoch zu sein scheint. Ausserdem ist die Sicherheit von Patienten/-innen nicht nur in der stationären Versorgung relevant, sondern spielt auch im ambulanten Bereich eine entscheidende Rolle.
Ein weiterer Aspekt, der zunehmend in den Fokus gerückt ist, stellt der finanzielle Schaden dar, der durch mangelnde Sicherheit und fehlerhafte medizinische Versorgung eintritt. Dieser ergibt sich zum einen unmittelbar, beispielsweise durch unnötige Krankenhausaufenthalte, zusätzliche Tests und Behandlungen oder schlichte „Ressourcenverschwendung“.
Zum anderen entstehen durch eine geringe Patientensicherheit auch indirekte Kosten, wie zum Beispiel durch den teilweisen oder kompletten Produktivitätsverlust der betroffenen Patienten/-innen. Die Sicherheit von Patienten/-innen ist daher weltweit in den Fokus gerückt und wird auch in der Schweiz mit grossem Engagement stetig zu verbessern versucht, da sie somit von grosser Bedeutung für alle Beteiligten ist.
Patientensicherheit – Anforderungen
Die Sicherheit von Patienten/-innen wäre dann optimal gewährleistet, wenn in der Schweiz niemand Schaden erleiden müsste, der durch eine fehlerhafte Gesundheitsversorgung entstanden ist. Eine Studie aus einem Schweizer Spital zeigte 2017, dass es in etwa zwölf Prozent der Behandlungsfälle zu unerwünschten Ereignissen gekommen war, wovon etwa die Hälfte vermeidbar gewesen wäre. Grundsätzlich findet die Gesundheitsversorgung durch viele beteiligte Akteure/-innen statt, sodass die Anforderungen an eine optimale Patientensicherheit sehr komplex sind und somit verschiedene Ebenen und Beteiligte betreffen.
Zunächst liegt für die Herstellung einer optimierten Sicherheit von Patienten/-innen eine hohe Verantwortung auf Seite der Politik, die sowohl Standards definieren als auch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen schaffen muss.
Darüber hinaus steht auch das Gesundheitssystem selbst hohen Anforderungen gegenüber. Transparenz, Offenheit und Verantwortungsbewusstsein stehen dabei ganz oben. Weiterhin ist die Aus- und Weiterbildung des medizinischen Personals von entscheidender Bedeutung, um eine verbesserte Patientensicherheit gewährleisten zu können. Auch die Patienten/-innen selbst sollten dabei in die Prozesse zur Ausgestaltung einer erhöhten Sicherheit mit einbezogen werden. Dabei können Aufklärungsarbeit und Patientenschulungen sehr hilfreich sein.
Nicht zuletzt ist zum Erhalt und für eine stetige Verbesserung der Sicherheit auch ein Qualitätsmanagement erforderlich, welches Soll- und Ist-Zustände regelmässig abgleicht und durch konkrete Ausgestaltungen das Bewusstsein einrichtungsintern erhöht.
Patientensicherheit – Massnahmen
Damit die Vermeidung von Patientenschäden zu einem grundsätzlichen Aspekt für alle an der Gesundheitsversorgung beteiligten Akteure/-innen werden kann, sind auf verschiedenen Ebenen eine Vielzahl an Massnahmen erforderlich. Die WHO nennt dabei im Rahmen des globalen Aktionsplans für Patientensicherheit beispielsweise sieben Ziele mit jeweils fünf konkreten Strategien sowie entsprechende Massnahmen, die unter anderem innerhalb des Gesundheitswesens umgesetzt werden sollen. Zu diesen gehören unter anderem:
- Prozess- und Praktikabstimmung und -umsetzung innerhalb der Einrichtung mit Richtlinien, Protokollen, Verfahrens- sowie Arbeitsanweisungen rund um die Sicherheit der Patienten/-innen
- Integration relevanter Aktivitäten in den operativen Gesamtplan
- Übersichtserstellung aller für die Einrichtungen geltenden Rechtsvorschriften
- Einführung einer Kultur der dauerhaften Verbesserung der Patientensicherheit
- Umsetzung der Massnahmen globaler Kampagnen rund ums Thema
Umsetzung in der Schweiz
Die von der WHO vorgegebenen Ziele zur Erreichung einer optimalen Patientensicherheit werden dabei auch in der Schweiz mit hoher Priorität aufgearbeitet. Hierzu trat zum Beispiel im April 2021 eine Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) in Kraft, welches sowohl die Qualität der Gesundheitsversorgung wie auch deren Wirtschaftlichkeit stärken soll.
Artikel 58 KVG schreibt nun vor, dass unter Führung des Bundesrates, im Vier-Jahres-Turnus Qualitätsziele definiert und im Verlauf auf ihre Erreichung überprüft werden sollen. Um diese Ziele zur Verbesserung der Sicherheit von Patienten/-innen erreichen zu können, wurden in der überarbeiteten Version Neuerungen integriert. Diese umfassen folgende Punkte:
- Der Bundesrat handelt als strategisches Organ und setzt eine Eidgenössische Qualitätskommission (EQK) ein.
- Qualitätsverträge, die in der gesamten Schweiz gültig sind, werden durch die Verbände der Leistungserbringer und Versicherer abgeschlossen.
- Diese Qualitätsverträge sind von den Leistungserbringern zu berücksichtigen und einzuhalten.
Für die Erfüllung der Qualitätsziele ist auch die entsprechende Finanzierung der EQK erforderlich. Diese wird zu jeweils einem Drittel vom Bund, den Kantonen und den Versicherern übernommen. Für die Jahre 2021 bis 2024 wurde ein Gesamtkredit von 45,2 Millionen Franken veranschlagt.
Patientensicherheit – Nationale Programme
Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz implementiert unter anderem nationale Programme rund um das Themenfeld. Es werden hierbei nationale Grundlangen- und Implementierungsprogramme unterschieden. Diese werden nachfolgend genauer erläutert.
Nationale Grundlagenprogramme (NGP)
Die Sicherheit von Patienten/-innen soll in der Schweiz unter anderem mit Hilfe nationaler Grundlagenprogramme verbessert und sichergestellt werden. Derzeit werden dabei zwei entsprechende Programme von der Stiftung Patientensicherheit betreut. Allgemeines Ziel der NGP ist es, Funktionen für Themenfelder wie das Monitoring von Risiken, Innovationen und die Entwicklung zu gewährleisten.
- NGP Wissensgenerierung und -allokation: Der Fokus liegt zum einem auf dem Monitoring von Trends durch Literaturanalysen und zum anderen auf Aktivitäten zu Wissenstransfer, Sensibilisierung und Beratung.
- NGP Risikomonitoring und -reduktion: In diesem Grundlagenprogramm geht es unter anderem um die laufende Erfassung und das Monitoring klinischer Risiken und Massnahmen, um diese zu reduzieren.
Nationale Implementierungsprogramme (NIP)
Im Gegensatz zu den klar definierten festen Grundlagenprogrammen verfolgen die NIP wechselnde Ziele. Hierbei geht es darum einzelne, evidenzbasierte Praktiken zur Verbesserung der Patientensicherheit zu identifizieren und auf ihre Erfolgsaussichten hin zu überprüfen. Anschliessend werden die gewonnenen Erkenntnisse dann flächendeckend verbreitet. Die Implementierungsprogramme dienen dazu, die Leistungserbringer im Veränderungsprozess zu begleiten, indem neue Praktiken zur Verbesserung der Sicherheit von Patienten/-innen in die Routinen „implementiert“ werden.
Seit 2012 sind dabei verschiedene Pilotprogramme, wie zum Beispiel „Sichere Medikation in Pflegeheimen“, „Sicherheit bei Blasenkathetern“, „Sichere Medikation an Schnittstellen“ oder „Sichere Chirurgie“, durchgeführt worden.
Voraussetzungen Pilotprogramme
Die Pilotprogramme im Rahmen der NIP sollen neben einem Modellcharakter für andere Programme auch zur Ansammlung von Know-How führen und zukünftig bei Fachpersonen sowie Gesundheitseinrichtungen gut angenommen werden können. Sie sollen ausserdem eine gute Basis für eine adäquate Weiterentwicklung beinhalten und Aspekte wie Umsetzung, Monitoring und Evaluation beinhalten. Wichtig ist hierbei eine für die Schweiz passende Herangehensweise mit grösstmöglicher Wirkung.
Weitere Ansatzpunkte
Im Rahmen der Aktionswoche Patientensicherheit sollen weitere Projekte rekrutiert und ausgebaut werden. Beispielsweise arbeitet die Stiftung eng mit der SPO Patientenorganisation zusammen, um auch Patienten/-innen besser in den Prozess zu integrieren. Die Patientensicherheit gewinnt somit nicht nur international an Bedeutung, sondern wird auch in der Schweiz mit grosser Ernsthaftigkeit verfolgt und stetig verbessert.
Passende Jobs im Gesundheitswesen
Wer aktuell auf der Suche nach einer neuen Stelle im Gesundheitswesen ist, wird bei Medi-Karriere fündig. Hier gibt es Jobs als Qualitätsmanager/in, Stellen als Pflegefachfrau/-mann sowie weitere Jobangebote in der Pflege.
- WHO, Globaler Aktionsplan für Patientensicherheit 2021-2030, https://apps.who.int/... (Abrufdatum: 11.09.2023)
- Bundesamt für Gesundheit BAG, Krankenversicherung: Qualitätsentwicklung in der Schweiz, https://www.bag.admin.ch/... (Abrufdatum: 11.09.2023)
- Patientensicherheit, Über uns, https://patientensicherheit.ch/... (Abrufdatum: 11.09.2023)