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Um die Pflege strukturierter zu gestalten und damit eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, sind der Pflegeprozess und dessen verschiedene Modelle entwickelt worden. Im deutschsprachigen Raum kommt dabei vor allem das Modell nach Fiechter und Meier zur Anwendung. Alles wichtige rund um die verschiedenen Modelle und deren Bestandteile sowie weitere Aspekte im Zusammenhang mit dem Pflegeprozess, klärt dieser Artikel.
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Pflegeprozess – Definition
Definieren lässt sich der Begriff des Pflegeprozesses allgemein als durchdachte Strukturierung der Pflege in Prozessform. Dies soll die Qualität der Pflege steigern, Probleme besser erkenntlich machen und gleichzeitig die Dokumentation optimieren. Pflegeprozessmodelle geben Mitarbeitern/-innen in der Pflege, wie beispielsweise Pflegefachfrauen / Pflegefachmännern, hierbei Leitfäden mit an die Hand, die es ihnen erlauben, noch gezielter auf Patienten/-innen einzugehen und individuelle Probleme zu behandeln. Der Aufbau unterscheidet sich hierbei je nach verwendetem Modell. Die anschließende Evaluation der Ergebnisse kann hier entweder spiralförmig oder kreisförmig verlaufen. Dabei kann man sich entweder immer wieder auf die Ausgangssituation und die Ersteinschätzung beziehen oder fortlaufend neue Probleme und Massnahmen analysieren und definieren.
Pflegeprozess – Modelle
Da die Strukturierung der Pflege ein wichtiger Aspekt ist, um die Patientenversorgung zu verbessern, haben sich verschiedene Modelle etabliert. Der Aufbau ist dabei ähnlich, Schritte wie die Pflegeanamnese, -planung und -dokumentation sind modellunabhängig. Allerdings unterscheiden sich die Modelle in Hinblick auf Aspekte wie Art der Dokumentation (frei oder Anhand von Antwortmöglichkeiten) und Anzahl der Unterschritte.
Das Modell der Weltgesundheitsorganisation enthält beispielsweise vier Schritte. Darüber hinaus existieren jedoch auch das in den Vereinigten Staaten verwendete fünf Schritte Modell und das im deutschsprachigen Raum und der Schweiz etablierte sechs Schritte Modell. Im folgenden werden das Vier-Phasen- und das Sechs-Phasen-Modell anhand des Beispiels eines/-r dementen Patienten/-in erklärt.
Pflegeprozess – Vier-Phasen-Modell
Das Vier-Phasen-Modell der Weltgesundheitsorganisation wurde 1967 von Yura und Walsh entwickelt und umfasst die folgenden Schritte:
- Assessment (Ist-Zustand der Erfüllung menschlicher Bedürfnisse)
- Planung (Pflegeplanung der Erfüllung)
- Implementation/Intervention (Pflegeplan)
- Evaluation (Zielerreichung)
Schritte des Vier-Phasen-Modells
Das Assessment als erster Schritt des WHO-Modells kann beispielsweise anhand einer Strukturierten Informationssammlung (SIS) durchgeführt werden. Hierbei werden verschiedenste Lebensbereiche wie kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Mobilität und Beweglichkeit, krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen sowie Selbstversorgung, Leben in sozialen Beziehungen und Haushaltsführung zum Erhalt des IST-Zustandes abgefragt. Gerade in der ambulanten Pflege kann so ein ganzheitlicher Ansatz, der möglichst viele Lebensbereiche umfasst verfolgt werden. Aber auch im stationären Bereich sollten möglichst alle Bereiche abgefragt werden. Ein Beispiel wäre hier die Erfassung der Situation zu Beginn der Betreuung, also wie orientiert der/die Patient/in ist, welche Lebensbereiche er/sie selbst übernehmen kann (Haushalt, Körperpflege) und welche Unterstützung schon erhalten wird.
Im nächsten Schritt, der Planung, sollten Ziele formuliert werden, die idealerweise anhand von Parametern gemessen werden können. Dies kann zum Beispiel die Anzahl der Hilfestellungen sein, die der/die Patient/in bei der Körperpflege benötigt. Ausserdem soll ein konkreter Pflegeplan mit den Massnahmen erstellt werden, der im Pflegealltag umgesetzt wird. Beispiele hierfür wären, dem/-r Patienten/in Orientierungshilfen zu geben, wie im Gespräch Ort und Datum einzubringen oder die Art der Massnahmen bei der Körperpflege. Während der Implementierungs-Phase wird der Pflegeplan ausgeführt und beobachtet, wie gut dieser funktioniert. Wird zum Beispiel mehr Hilfe benötigt, können fortwährend kleinere Anpassungen erfolgen.
In der letzten Phase folgt in regelmässigen Abständen ein Assessment. Während der Evaluation werden Fragen geklärt wie: Was funktioniert gut? Wo hat eine Verschlechterung stattgefunden? Was hat sich verbessert? Hier kann dann zum Beispiel auf verstärkte Desorientiertheit eingegangen oder bei neu aufgetretenen körperlichen Problemen die Verwendung von Gehhilfen ergänzt werden.
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Pflegeprozess – Sechs-Phasen-Modell
Das Sechs-Phasen-Modell nach Fiechter und Meier (1981) ist im deutschsprachigen Raum am weitesten verbreitet. Es besitzt einen ähnlichen Aufbau wie das Vier-Phasen-Modell der WHO, unterteilt die ersten beiden Phasen jedoch in weitere Unterschritte. Dies kann zusätzlich dabei helfen, noch genauer auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen. Die einzelnen Phasen untergliedern sich dabei wie folgt:
- Informationssammlung (Pflegeanamnese)
- Erkennen von Ressourcen und Pflegeproblemen (Pflegediagnose)
- Festlegung der Ziele (erster Teil der Pflegeplanung)
- Planung der Massnahmen (zweiter Teil der Pflegeplanung)
- Durchführung
- Evaluation
Schritte des Sechs-Phasen-Modells
Der erste Schritt des Modells nach Fiechter und Meier ist die Beobachtungsphase. Dabei würde im Beispiel des/der Patienten/-in eine Beobachtung des Alltags stattfinden und mit ihm/-r und den Angehörigen Gespräche geführt werden. Die Ergebnisse werden dann systematisch erfasst. Probleme, die hierdurch erkenntlich werden können, sind zum Beispiel ein ständiges Verwechseln des Pflegeheims mit dem Spital oder starke Probleme bei der Reihenfolge der Körperpflege. Auch eine Schwerhörigkeit kann Probleme verursachen und muss hier erkannt werden. Die entsprechenden Punkte werden dann in den folgenden Phasen aufgegriffen und bei der Evaluation in Phase sechs besonders beobachtet.
Die Schritte zwei und drei dienen dazu, die individuellen Ressourcen zu erkennen und Ziele festzulegen. Die Formulierung erfolgt dabei nach dem SMART-Prinzip: Der/Die Patient/in hat ein Hörgerät, das er/sie selbst nicht einsetzen kann. Wird ihm/-r jedoch dabei geholfen, ist die Person in der Lage, Anweisungen bei der Körperpflege zu befolgen. Auch ist der/die Patient/in deutlich ruhiger, wenn man ihm/-r regelmässig Fragen zu Ort und Zeit beantwortet.
Das SMART-Prinzip
Der Begriff SMART setzt sich aus den Wörtern spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert zusammen. Im Rahmen der Phasen zwei und drei ergibt sich auf Basis dieses Prinzips eine Zusammenhangskette. Das Ziel der Anwendung ist hier, die Patienten-Ressourcen zu stärken und so möglichst viel Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten.
Im vierten Schritt folgt schliesslich die Therapieplanung. Dabei ist möglichst genau zu beschreiben, welche Massnahmen Pflegefachpersonen zu ergreifen haben. So kann bei Schichtwechsel eine möglichst konstante Betreuung aufrechterhalten werden. Unter anderem sind in diesem Zusammenhang folgende Fragen zu beantworten:
- Welche Massnahme? (Teilkörperpflege bei der Morgen- und Abendtoilette)
- Wann und wie oft? (zweimal täglich, jeweils nach dem Frühstück und vor dem zu Bett gehen)
- Wie und mit welchen Hilfsmitteln? (Gesicht und Hände können selbst gewaschen werden; Zähne selbstständig geputzt werden, wenn die Zahnbürste angereicht wird; Rücken und Intimbereich werden vom Pflegepersonal gewaschen; Rücken mit eigener Creme eingecremt)
In Phase fünf folgt schliesslich die Durchführung. Wenn Probleme auftreten oder Abweichungen vom eigentlichen Pflegeplan notwendig sind, müssen diese dokumentiert werden. Die Dokumentation kann im Anschluss bei der Evaluation verwendet werden, um hier auf Probleme besonders einzugehen. Im letzten Schritt wird so jede Veränderung der Situation beurteilt. Die Evaluation sollte dabei nach einer vorab definierten Zeit stattfinden. In der Akut-Behandlung fällt diese kürzer aus als bei der Langzeit-Therapie von Patienten/-innen und muss ist daher individuell festzulegen.
Pflegeprozess – Wichtige Aspekte
Wie an den genannten Beispielen sichtbar wird, hilft ein geordneter Pflegeprozess in der Pflegepraxis, die Therapie von Patienten und Patientinnen auch über längere Zeit gut zu beobachten. Vor allem bei wechselnden Pflegefachpersonen kann so auch über längere Zeit ein konkreter Pflegeplan verfolgt werden, ohne dass zu jeder Schicht die Situation neu zu beurteilen ist. Für Patienten/-innen bedeutet dies, mehr Routine und eine individuellere Förderung.
Damit der Pflegeprozess erfolgreich angewendet werden kann, ist es wichtig, dass alle pflegenden Fachkräfte diesen befolgen. Ausserdem sollte das Personal geschult werden, um den Pflegeprozess implementieren zu können. Werden Abweichungen konsequent dokumentiert, können so ausserdem Probleme besser identifiziert und beseitigt werden. Dies kann zwar zuerst als vermehrter Dokumentationsaufwand erscheinen, jedoch kann durch die einmalige Erstellung eines detaillierten Pflegeplans eine Reduktion der täglichen Dokumentation erreicht werden. Formblätter können ergänzend bei den verschiedenen Schritten helfen, damit keine Aspekte vergessen werden.
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Häufige Fragen
- Was ist der Pflegeprozess?
- Was ist der Unterschied zwischen Pflegeprozess und Pflegeplanung?
- Warum ist der Pflegeprozess auch ein Beziehungsprozess?
- Was bedeutet PDCA in der Pflege?
Der Pflegeprozess ist ein unterstützendes Modell, welches dabei hilft, die Pflege individuell für den/die Patienten/-in zu planen und durchzuführen. Es hilft dabei, die Qualität der Pflege zu verbessern, Probleme zu erkennen und die individuellen Ressourcen zu stärken. Für den Pflegeprozess gibt es dabei verschiedene Modelltypen, die jeweils konkrete Bestandteile umfassen.
Die Pflegeplanung ist ein Teilaspekt des Pflegeprozesses. Dieser umfasst neben der Erstellung eines Pflegeplans auch Elemente wie das Assessment der Ausgangssituation, die Implementierung dessen und die Evaluation.
Der Pflegeprozess an sich kann nur gelingen, wenn der/die Patient/in als Ganzes betrachtet wird. Um wirklich zu verstehen, wo Probleme auftreten und welche Ressourcen zur bewältigen dieser vorhanden sind, muss eine Beziehung zur zu pflegenden Person aufgebaut werden. Daher ist im Pflegeprozess und bei der regelmäßigen Anpassung der einzelnen Bestandteile der Aufbau einer Beziehung zu dem/-r Patienten/-in besonders wichtig und trägt zum Erfolg bei.
PDCA als Abkürzung steht für Plan-Do-Check-Act und beschreibt einen Zyklus der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung. Dieser beruht darauf, dass eine kontinuierliche Beobachtung des (etablierten) Prozesses geschieht und er fortwährend kontrolliert und angepasst wird. Im Pflegeprozess geschieht dies konkret in den Phasen der Ausführung des Pflegeplans und der Evaluation.
- SBK, Grundlagen Pflegedokumentation, https://www.sbk.ch/... (Abrufdatum: 12.10.2022)
- BESA, Leitlinien zur Dokumentation des Pflegeprozesses, https://www.besacare.ch/... (Abrufdatum: 11.10.2022)
- SGAIM, PDCA-Zyklus, https://www.sgaim.ch/... (Abrufdatum: 13.10.2022)