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Das Team hinter der SCOHPICA-Umfrage hat es sich zum Ziel gesetzt, die genauen Gründe für den vielerorts bestehenden Unmut in den Berufen des Schweizer Gesundheitswesens herauszufinden. Die Ergebnisse aus der ersten Umfragerunde wurden dabei kürzlich veröffentlich und stellen einige interessante Sachverhalte dar. Die gewonnenen Daten und Erkenntnisse könnten einen guten Ansatz bieten, um zukünftig die berufliche Zufriedenheit bei Fachkräften im Gesundheitswesen zu verbessern. Mehr zur Umfrage und deren Ergebnissen gibt es in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
Knapp über zwei Drittel des Schweizer Gesundheitspersonal will unter den aktuellen Arbeitsbedingungen im Beruf bleiben. Vor allem Pflegekräfte und Apotheker haben dabei jedoch eine äusserst geringe Verbleibeabsicht. Zu den einflussreichsten Faktoren zählen unter anderem Themen wie Work-Life-Balance und Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung. Die grösste berufliche Zufriedenheit haben Fachkräfte aus den Bereichen Ergotherapie, Physiotherapie und Ernährungsberatung.
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Was ist die SCOHPICA-Umfrage?
SCOHPICA steht für “Swiss Cohort of Healthcare and Informal Caregivers”. Es handelt sich dabei also um eine Schweizer Kohorte, bestehend aus Gesundheitsfachkräften und pflegenden Angehörigen. Diese Kohorte wurde einer Umfrage mit Fragen zur beruflichen Zufriedenheit unterzogen. Ziel war es dabei, die Werdegänge und Erfahrungen von Gesundheitsfachkräften und pflegenden Angehörigen besser zu verstehen und daraus Bedingungen für eine qualitativ optimale Berufspraxis zu identifizieren.
Die Experten hinter dem Projekt wollen einen besseren Lösungsansatz zur Optimierung der beruflichen Situation im Gesundheitswesen hervorbringen, indem sie die beruflichen Laufbahnen besser versehen und direkt das Wohlbefinden der Fachkräfte messen.
Wer wurde befragt?
Die erste Befragungswelle im Rahmen des SCOHPICA-Projekts lief von Oktober 2022 bis Januar 2023. Dabei wurden insgesamt 1’700 Teilnehmer befragt, die in 28 verschiedenen Berufen des Schweizer Gesundheitswesens tätig sind.
Bemerkenswerterweise waren rund 78 Prozent der Umfrageteilnehmer Frauen. Insgesamt haben 82.2 Prozent der Befragten ihre Ausbildung in der Schweiz absolviert. Die Altersstruktur gestaltete sich wie folgt:
Rund ein Drittel der Teilnehmenden arbeitete in einem öffentlichen Spital. Weitere angegebene Arbeitsorte waren Gemeinschaftspraxen (15 Prozent), Einzel- und Zweierpraxen (13 Prozent), Sozialmedizinische Zentren / Spitex (zwölf Prozent) sowie Alten- und Pflegeheime (neun Prozent).
69 Prozent haben die Absicht im Beruf zu bleiben
Um die Absicht, im aktuellen Beruf zu bleiben, zu messen, wurde im Fragebogen die folgende Frage gestellt: “Wenn Ihre Arbeitsbedingungen/Ihr Arbeitsumfeld in den nächsten Monaten gleich blieben, würden Sie Ihren derzeitigen Beruf dann weiter ausüben wollen?”
Antworten konnte man auf einer fünfstufigen Skala. Knapp über zwei Drittel, genauer gesagt 69 Prozent der 1’393 Fachkräfte, antworteten mit “Ja, auf jeden Fall” oder “Eher ja”. Dreizehn Prozent beantworteten die Frage hingegen mit “Gar nicht” oder “Eher nicht”.
Die höchste Verbleibeabsicht liess sich bei den Physiotherapeuten mit 82 Prozent feststellen, dicht gefolgt von den Berufsgruppen der Ärzte und Ergotherapeuten (jeweils 81 Prozent).
Im Gegensatz dazu fand man die tiefste Verbleibeabsicht bei gleichbleibenden Arbeitsbedingungen beim Pflegepersonal auf mittlerer Stufe (24 Prozent wollen nicht bleiben), diplomierten Pflegepersonen (18 Prozent) und Apothekern (17 Prozent).
Deshalb wollen die Fachkräfte in ihrem Beruf bleiben
Um die genauen Beweggründe für die Antworten auf die zuvor genannte Frage weiter zu eruieren, haben die Untersucher gewisse Determinanten abgeleitet, welche die Verbleibeabsicht im Beruf am meisten beeinflussen. Über alle befragten Berufsgruppen hinweg ergaben sich in absteigender Reihenfolge diese Beweggründe:
- Gleichgewicht zwischen Privatleben und Beruf
- Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung
- Sinn der Arbeit
- Wahrgenommene Arbeitsbelastung
- Anerkennung der Arbeit
- Einkommen
- Einbindung in Entscheidungsfindungen
Somit spielt gemäss der Analyse vor allem die Work-Life-Balance in Gesundheitsberufen eine massgebende Rolle. Am niedrigsten zeigte sich dies Determinante bei den Apothekern und Ärzten, welche im Median lediglich 4,3 beziehungsweise 3,3 von zehn möglichen Punkten angaben. Das beste Gleichgewicht zwischen Privatleben und Beruf haben anscheinend Medizinische Praxisassistentinnen (7,4).
Der zweitwichtigste Punkt besteht in den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, welche die geringsten Werte bei Pflegepersonal auf mittlerer Stufe erreichte (5,8). Am besten Schnitten in diesem Bereich die Berufsfelder der Ärzte, Rettungssanitäter, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten ab (allesamt 7,5).
Wohlbefinden vor allem bei Ernährungsberatern hoch
Das berufliche Wohlbefinden der Gesundheitsfachkräfte wurde mit Hilfe von zehn Fragen des Flourish Index gemessen, woraus eine zehnstufige Skala von o (geringes Wohlbefinden) bis 10 (hohes Wohlbefinden) erstellt wurde. Am niedrigsten schnitten hinsichtlich dieser Frage Apotheker mit einem medianen Wert von 7,3 ab, am höchsten Ernährungsberater mit 8. Alle anderen Berufe lagen dazwischen. Unter diesen liess sich jedoch kein signifikanter Unterschied beim Wohlbefinden feststellen (Signifikanzniveau von fünf Prozent).
Fazit
Das Schweizer Pflegepersonal hat in dieser Erhebung mit Abstand die niedrigste Absicht, im Beruf zu bleiben. Bei dieser Berufsgruppe wirken sich vor allem die Determinanten berufliche Weiterentwicklung und Einbezug in Entscheidungsfindungen aus. Aber auch mit der Mittelzuweisung und den zur Verfügung stehenden Ressourcen, beispielsweise vorhandenes Personal, sind die Pflegenden über alle Karrierelevel hinweg höchst unzufrieden.
Auch Apotheker haben eine geringe Verbleibeabsicht für ihren gewählten Beruf, hauptsächlich aufgrund der hohen Arbeitsbelastung und einer schlechten Work-Life-Balance.
Bei einigen anderen Berufen scheinen sich hingegen die Determinanten gegenseitig auszugleichen, sodass trotz einzelner schlechter Werte insgesamt eine höhere Verbleibeabsicht herauskommt (Beispiel Ärzte). Laut der SCOHPICA-Umfrage schnitten Ergo- und Physiotherapeuten am besten ab und scheinen damit, zusammen mit Ernährungsberatern, die höchste berufliche Zufriedenheit unter allen befragten Berufsgruppen zu haben.
Die gewonnenen Erkenntnisse konnten insgesamt gemeinsame Tendenzen und Problematiken ermitteln sowie einen Überblick zu den aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen geben. Die Ergebnisse können nun als Orientierung für konkrete Massnahmen zum Umbau des Gesundheitswesens dienen. Für die nächste Runde der Erhebung konnten bereits 4’000 neue Teilnehmer gewonnen werden.
Passende Jobs für Gesundheitsfachkräfte
Medi Karriere bietet zahlreiche Jobangebote für Gesundheitsfachkräfte. Hier gibt es freie Stellen als Pflegefachfrau, Jobs für Physiotherapeuten sowie viele weitere Ärzte-Stellenangebote.
- Rezzonico, V., Geiser, S. E., Roth, L. Jubin, J., Antille, E., Jolidon,V., Oulevey
Bachmann, A. Gilles, I & Peytremann-Bridevaux, I. (2024), Gesundheitsfachkräfte in der Schweiz: Absicht, im Beruf zu bleiben. SCOHPICA – Schweizer Kohorte der Gesundheitsfachkräfte und pflegenden Angehörigen (Obsan Bulletin
09/2024), Neuchâtel: Observatoire suisse de la santé, https://www.obsan.admin.ch/... (letztes Abrufdatum: 24.10.2024) - scohpica, Ergebnisse, https://scohpica.ch/... (letztes Abrufdatum: 24.10.2024)
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