
Inhaltsverzeichnis
Die dunklen, kurzen Tage des Winters können für viele Menschen eine Herausforderung sein. Während einige lediglich eine melancholische Grundstimmung erleben, leiden andere unter einer schwereren Form, der sogenannten Winterdepression. Doch was genau ist eine Winterdepression und was kann man dagegen tun? Mehr zum Thema erläutert dieser Beitrag.
Alles Wichtige auf einen Blick
Die Winterdepression, auch als saisonal-affektive Störung (SAD) bekannt, ist eine spezifische Form der Depression, die sich vor allem in der dunklen Jahreszeit bemerkbar macht. Sie zeichnet sich durch wiederkehrende depressive Episoden aus, die typischerweise im Herbst oder Winter auftreten. Diese Form der Depression unterscheidet sich von gewöhnlichen Stimmungsschwankungen oder einem vorübergehenden „Winterblues“.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Winterdepression?
Die Winterdepression gehört zu den saisonalen depressiven Störungen und ist eine Unterform der Depression. Die Erkrankung zeichnet sich durch sich wiederholende, depressive Episoden mit einem saisonalen Muster aus. Herbst und Winter sind in dieser Hinsicht die typischen Jahreszeiten.
Nur etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung sind tatsächlich von einer Winterdepression betroffen. Zum Vergleich: Etwa acht Prozent der Bevölkerung erkranken pro Jahr an einer typischen Depression.
Diese Winterdepression ist jedoch meist weniger schwer ausgeprägt als andere depressive Störungen. Typische Anzeichen treten ausserdem nur in der kalten, dunklen Jahreszeit auf und verschwinden meist im Frühling wieder.
Klassifizierung
Die Winterdepression wird in der Schweizerischen Version des ICD-10 unter dem Code F33 als rezidivierende depressive Störung klassifiziert. Im DSM-5 hingegen wird sie (sofern die Symptome regelmässig über mindestens zwei Jahre und während bestimmter Jahreszeiten auftreten) nicht als eigenständige Diagnose, sondern vielmehr als Zusatzmerkmal bei bestehenden depressiven Erkrankungen geführt.
Winterdepression – Symptome
Die Symptome einer Winterdepression ähneln auf den ersten Blick den klassischen Anzeichen einer Depression, weisen jedoch spezifische Unterschiede auf, die diese saisonale Form der psychischen Erkrankung auszeichnen. Die Hauptsymptome der Winterdepression entsprechen denen einer unipolaren Depression und umfassen:
- Gedrückte Stimmung: Ein anhaltendes Gefühl von Traurigkeit oder innerer Leere, das die gesamte Stimmungslage bestimmt.
- Antriebslosigkeit: Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, selbst wenn diese zuvor keine Probleme bereitet haben.
- Interessensverlust: Dinge, die früher Freude bereitet haben, erscheinen plötzlich bedeutungslos oder uninteressant.
Neben diesen Hauptsymptomen zeigen sich bei der Winterdepression häufig Nebensymptome, die diese von einer „normalen“ Depression unterscheiden und stark mit der Jahreszeit und den Lebensumständen im Winter zusammenhängen:
- Erhöhtes Schlafbedürfnis (Hypersomnie): Viele Betroffene verspüren ein nahezu unstillbares Verlangen nach Schlaf. Trotz langer Schlafzeiten fühlen sie sich jedoch kaum ausgeruht oder erfrischt.
- Gesteigerter Appetit: Anders als bei der klassischen Depression, bei der oft ein Appetitverlust auftritt, erleben viele Menschen mit Winterdepression ein starkes Verlangen nach süssen und kohlenhydratreichen Lebensmitteln. Dies kann zu einer ungewollten Gewichtszunahme führen.
- Chronische Müdigkeit: Ein Gefühl ständiger Erschöpfung und Energielosigkeit begleitet die Betroffenen oft durch den gesamten Tag. Diese Müdigkeit setzt häufig bereits unmittelbar nach dem Aufwachen ein und lässt trotz Schlaf und Ruhe nicht nach.
- Reizbarkeit und wechselhafte Laune: Viele Betroffene reagieren schneller gereizt oder fühlen sich durch Kleinigkeiten genervt. Diese plötzlichen Stimmungsschwankungen können das soziale Leben belasten.
Ein weiteres typisches Merkmal der Winterdepression ist das Verlangen nach Rückzug und Isolation. Der reduzierte soziale Kontakt und die Unfähigkeit, sich aktiv zu beteiligen, können das Gefühl der Einsamkeit verstärken und die Depression weiter vertiefen. Diese Symptome können den Alltag insgesamt stark beeinträchtigen, insbesondere durch die Energielosigkeit und den verstärkten Rückzug aus sozialen Kontakten.
Unterschied Depression vs. Winterdepression
Während beide Formen von depressiven Episoden identische Hauptsymptome haben, ist eine Unterscheidung vor allem anhand der Nebensymptome möglich. Bei einer typischen Depression bestehen Schlafstörungen, insbesondere Ein- und Durchschlafstörungen, sowie häufig Appetitverlust. Die Winterdepression zeichnet sich in dieser Hinsicht jedoch durch einen gesteigerten Appetit (zum Teil mit Gewichtszunahme) und Hypersomnie, also ein erhöhtes Schlafbedürfnis, aus.
Winterdepression – Ursache
Die genauen Ursachen der Winterdepression sind noch nicht vollständig erforscht. Experten gehen davon aus, dass der Mangel an Tageslicht in der dunklen Jahreszeit eine Rolle zu spielen scheint, indem der Melatoninhaushalt negativ beeinflusst wird. Das fehlende Licht führt zu einer erhöhten Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Melatonin macht müde und antriebsarm, da es normalerweise den Schlaf gewissermassen vorbereitet. Erhöhte Melatoninspiegel tagsüber könnten also mit der typischen Symptomatik zusammenhängen.
Melatonin benötigt ausserdem als Baustoff die essentielle Aminosäure Typtophan. Steigt der Verbrauch an, ist dementsprechend weniger Tryptophan für die Produktion anderer Botenstoffe verfügbar. Ein Beispiel hierfür ist das stimmungsaufhellende Serotonin, welches ebenfalls aus dieser Aminosäure im Körper hergestellt wird. Auch ein Vitamin-D-Mangel könnte eine Rolle bei der Entstehung spielen.
Risikofaktoren
Frauen sind statistisch gesehen drei- bis viermal häufiger von einer Winterdepression betroffen als Männer. Hinsichtlich des Alters haben junge Erwachsene das höchste Erkrankungsrisiko. Auch der Wohnort ist relevant: Je weiter man vom Äquator weg wohnt, desto höher ist das Risiko für eine derartige depressive Episode. Ausserdem kann Stress im Alltag das Auftreten einer Winterdepression begünstigen.
Winterdepression, Winterblues und Stimmungstief – Unterschiede
Nicht jede schlechte Stimmung im Winter ist gleich eine Winterdepression. Vielmehr kann man sagen, dass es sich bei der Mehrzahl der depressiven Erkrankungen im Winter nicht um eine Winterdepression handelt. Meistens liegt eine normale Depression vor, die natürlich auch in dieser spezifischen Jahreszeit auftreten kann.
Stimmungstiefs im Winter müssen somit nicht partout gleich eine Depression oder Winterdepression bedeuten. Dass man mal etwas nachdenklicher und melancholischer zur Winterzeit ist, kann völlig normal und natürlich sein. Das Gleiche gilt für vermehrtes Nachdenken über das vergangene Jahr und ein Rückzug in den engeren Kreis. All dies lässt sich vielmehr als “Winterblues” oder “Wintermelancholie” zusammenfassen. Auch ein Stimmungstief, beispielsweise in Form von Trauer oder Erschöpfung als Reaktion auf Belastungen und Lebensereignisse, sind in dieser Jahreszeit möglich. Diese kurzfristigen Tiefpunkte der Stimmung bessern sich jedoch meist von selbst.
Depressive Personen fühlen sich hingegen innerlich wie abgestorben. Sie sind, im Gegenteil zum Winterblues, gar nicht mehr dazu fähig, eine melancholische Stimmung überhaupt wahrzunehmen. Die Unterschiede verdeutlicht die nachfolgende Tabelle noch einmal übersichtlich:
Stimmungstief | Winterblues | Winterdepression |
|
|
|
Winterdepression – Was hilft dagegen?
Eine Winterdepression kann überwältigend wirken, doch es gibt bewährte Massnahmen, die helfen können. Der Schlüssel liegt oft in einer Kombination aus Licht, Bewegung und sozialem Kontakt.
Lichttherapie
Die Lichttherapie ist eine der effektivsten Behandlungsformen für saisonale Depressionen. Dabei wird meist weisses Licht (ohne UV-Anteil) mit einer Stärke von 10’000 Lux verwendet. Bereits eine tägliche Anwendung von 30 bis 120 Minuten, vorzugsweise direkt nach dem Aufwachen, kann spürbare Verbesserungen bringen.
Oft zeigt sich eine Besserung innerhalb der ersten Woche, wobei eine vollständige Reaktion meist nach zwei bis drei Wochen eintritt. Die Therapie wird oft über den gesamten Winter fortgeführt. Mögliche Nebenwirkungen wie leichte Kopfschmerzen, Übelkeit oder Sehstörungen sind in der Regel mild ausgeprägt und nur vorübergehend.
Bewegung an der frischen Luft
Regelmässige Bewegung, idealerweise eine Stunde täglich, hat zahlreiche Vorteile. Tageslicht, selbst an bewölkten Tagen, fördert die Ausschüttung von Serotonin und verringert die Produktion von Melatonin. Wer es nicht nach draussen schafft, sollte sich in möglichst hellen Räumen aufhalten oder Tageslichtlampen nutzen.
Solarium gegen Winterdepression?
Die Strahlung aus dem Solarium hat keinen therapeutischen Effekt auf die Winterdepression. Die dort ausgestrahlte, reine ultraviolette Strahlung sollte zudem nicht in die Augen gelangen. Daher sollte man Schutzbrillen tragen. Aufgrund der Risiken für die Hautgesundheit raten Experten jedoch allgemein von der Nutzung von Solarien ab.
Soziale Kontakte und Umfeld
Der Rückzug von sozialen Kontakten kann die Symptome einer Winterdepression verstärken. Es ist wichtig, aktiv zu bleiben, Freunde zu treffen und Hobbys zu pflegen. Soziale Interaktion und das Gefühl der Verbundenheit wirken wie ein Gegengewicht zur Isolation.
Schlafrhythmus
Ein gesunder Schlafrhythmus ist entscheidend. Sowohl zu wenig als auch zu viel Schlaf können die Stimmung negativ beeinflussen. Es hilft, sich an feste Schlafenszeiten zu halten und eine gute Schlafhygiene zu pflegen.
Medizinische Hilfe
Sollten die Beschwerden trotz dieser Massnahmen nach zwei Wochen nicht besser werden oder die Lebensqualität stark beeinträchtigen, ist es ratsam, einen Hausarzt oder Therapeuten aufzusuchen. Medikamente oder psychotherapeutische Unterstützung können in solchen Fällen sinnvoll sein.
Wie Angehörige helfen können
Wenn ein geliebter Mensch an einer Winterdepression leidet, kann das für das Umfeld belastend sein. Wichtig ist, sich gut zu informieren und die Erkrankung nicht zu verharmlosen. Niemand trägt Schuld an der Depression – auch nicht die betroffene Person selbst.
Einfühlsame Unterstützung könnte so aussehen:
- Motivation zur Hilfe: Betroffene ermutigen, professionelle Hilfe aufzusuchen, und sie dabei unterstützen. Dieser Punkt ist mit Abstand am wichtigsten!
- Begleitung: Termine gemeinsam wahrnehmen und auch während der Behandlung begleiten.
- Verständnis zeigen: Geduld und Mitgefühl sind essenziell, da Betroffene sich oft hilflos oder schuldig fühlen.
Professionelle Hilfe bei psychischen Erkrankungen in der Schweiz finden:
Passende Jobs im Gesundheitswesen
Wer aktuell auf der Suche nach einem neuen Job im Gesundheitswesen ist, wird bei Medi Karriere fündig. Hier gibt es viele freie Stellen als Psychologe, Jobs für Psychotherapeuten sowie viele weitere Psychologie-Stellenangebote.
- Amboss, Unipolare Depression, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 25.11.2024)
- Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention, Winterdepression, https://www.deutsche-depressionshilfe.de/... (Abrufdatum: 25.11.2024)
- Die Techniker, Herbst- und Winterblues, https://www.tk.de/... (Abrufdatum: 25.11.2024)
- AOK, Ist es nur ein kleines Stimmungstief oder schon eine Winterdepression?, https://www.aok.de/... (Abrufdatum: 25.11.2024)
- Dorsch Lexikon der Psychologie, Saisonal abhängige affektive Störung, https://dorsch.hogrefe.com/... (Abrufdatum: 26.11.2024)
- HelloBetter, Saisonale affektive Störung – aktuelle Forschung zur jahreszeitlichen Depression, https://hellobetter.de/... (Abrufdatum: 26.11.2024)
- Oberberg Kliniken, Winterdepression, https://www.oberbergkliniken.de/... (Abrufdatum: 13.12.2024)