Arbeit ist ein Menschenrecht und ein zentraler Pfeiler der Identität des Menschen. Arbeit vermittelt Selbstwert, gesellschaftliche Anerkennung, Zugang zu sozialen Kontakten und schafft die Grundlagen für eine selbstbestimmte Gestaltung des Lebens. Für Menschen mit Beeinträchtigungen ist der Zugang zur Arbeitswelt, und damit zu Partizipation und gesellschaftlicher Integration, deutlich erschwert. Hier kommt der Arbeitsagoge als Schlüsselfigur ins Spiel. Dieser Artikel thematisiert die Berufsprüfung zum Arbeitsagogen und das spätere Berufsleben und geht dabei auch auf Lohn und Perspektiven der Fachkräfte ein.
Was macht man als Arbeitsagoge?
Arbeitsagogen unterstützen Menschen mit erschwertem Zugang zur Arbeitswelt bei der beruflichen Integration, indem sie es diesen Menschen ermöglichen, trotz ihrer Beeinträchtigungen eine wertschöpfende oder nutzenstiftende Tätigkeit auszuüben. Ihre Klienten sind Menschen mit Behinderung, Suchtkranke, Langzeitarbeitslose, Asylbewerber oder Menschen, die infolge von Krankheit oder Unfall ihre bisherige Berufstätigkeit nicht mehr ausüben können.
Die Hauptaufgabe dieser Fachkräfte besteht darin, ihre Klienten durch Einbezug in eine sinnvolle, produktive Tätigkeit zu fördern und sie im Prozess der Wiedererlangung einer autonomen gesellschaftlichen Rolle zu unterstützen. Damit positionieren sich Arbeitsagogen am Schnittpunkt von Wirtschaft und Sozialbereich und verfügen in beiden Bereichen über einschlägige Handlungskompetenzen.
Wie läuft die Berufsprüfung zum Arbeitsagoge ab?
Um als Arbeitsagoge tätig sein zu können, ist das Ablegen einer Berufsprüfung (BP) erforderlich. In der Schweiz ist die Ausbildung berufsbegleitend konzipiert, die Teilnehmenden sind zu mindestens 50 Prozent bereits im arbeitsagogischen Bereich tätig. Die erforderlichen Qualifikationen werden in der Regel in Form von Modulen erworben, die von einschlägigen Fachinstituten als Lehrgänge von 1,5 bis 2 Jahren Dauer angeboten werden.
Die Berufsprüfung wird unter Anderem beim Institut für Arbeitsagogik Luzern, Agogis und an der Academia Euregio Bodensee in St. Gallen und Olten angeboten. Der Schweizer Trägerverein HFP Arbeitsagogik regelt die Prüfungsordnung. Das erfolgreiche Ablegen der Berufsprüfung berechtigt zum Führen des Titels „Arbeitsagoge/agogin mit eidgenössischem Fachausweis“.
Voraussetzungen für das Ablegen der Berufsprüfung
Um die Berufsprüfung zum Arbeitsagogen ablegen zu dürfen, müssen Interessenten über ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ), eine gymnasiale bzw. Fach-Maturität oder eine gleichwertige Qualifikation verfügen. Zudem müssen sie mindestens drei Jahre Berufserfahrung mit mindestens 80-prozentigem Beschäftigungsgrad vorweisen.
Des Weiteren müssen alle erforderlichen Modulabschlüsse vorliegen, die während der Vorbereitungszeit auf die Berufsprüfung erlangt werden:
- Modul 1: Begleitete Menschen in ihrer individuellen Entwicklung fördern
- Modul 2: Kommunikation, Rolle, Beziehung und Selbstmanagement gestalten
- Modul 3: Arbeitsagogische Aufträge umsetzen
- Modul 4: Zusammenarbeit und Rahmenbedingungen mitgestalten
Dauer und Aufbau der Berufsprüfung
Die Berufsprüfung zum Arbeitsagogen besteht aus drei modulübergreifenden Prüfungsteilen. Der erste Teil besteht aus einem vorgängig einzureichenden Reflexionsbericht und dessen Präsentation mit anschliessendem Fachgespräch. Der Fokus dieses Prüfungsteils liegt auf der Analysefähigkeit, Reflexionsfähigkeit und Fachkompetenz der Bewerber. Der zweite Teil beinhaltet eine praxisnahe Fragestellung aus dem Handlungskompetenzbereich „Fördern der individuellen Entwicklung der begleiteten Menschen“. Diese erfordert beispielsweise die Analyse einer Situation, die Ausarbeitung einer Vorgehensplanung und die Beschreibung konkreter Anwendungen.
Der dritte Prüfungsteil umfasst eine Gruppendiskussion, in der Kandidaten einen Lösungsvorschlag zu einem komplexen Fall erarbeiten und anschliessend vorstellen. Der Fokus dieses Prüfungsteils liegt auf Fachwissen, Kommunikationsfähigkeit und Reflexionsfähigkeit. Die folgende Tabelle dient zur Veranschaulichung der einzelnen Prüfabschnitte:
Prüfungsteil | Schriftlich | Mündlich |
1. Reflexionsbericht und Präsentation | vorher abzugeben (4 Monate Bearbeitungszeit) | 35 min |
2. Förderung der individuellen Entwicklung von begleiteten Menschen | 120 min | 0 min |
3. Fachbasierte Lösungsfindung | 0 min | 65 min |
Total | 120 min | 100 min |
Inhalte der Berufsprüfung zum Arbeitsagoge
Die Inhalte der Berufsprüfung zum Arbeitsagogen orientieren sich an den Handlungskompetenzbereichen:
- Fördern der individuellen Entwicklung der begleiteten Menschen
- Organisieren von passenden Arbeiten und Aktivitäten
- Führen einer Gruppe von begleiteten Menschen
- Abwickeln von Aufträgen und Mitarbeiten bei deren Akquise
- Zusammenarbeiten im interdisziplinären Kontext
- Gestalten der eigenen Rolle und professioneller Beziehungen
Was verdient man in der Vorbereitungszeit zur Berufsprüfung?
Da die Spezialisierung zum Arbeitsagogen meist berufsbegleitend stattfindet, erhalten die angehenden Fachkräfte in der Regel keine zusätzliche Ausbildungsvergütung, sondern profitieren von dem Verdienst ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit.
Passt die Berufsprüfung als Arbeitsagoge zu mir?
Um als Arbeitsagoge im Berufsleben erfolgreich zu sein sollten Berufsinteressierte einige persönliche Eigenschaften mitbringen. Dazu gehören kommunikative Kompetenzen und die Fähigkeit zur Selbstreflexion, Kooperations- und Konfliktfähigkeit, psychische Belastbarkeit, sowie Führungs- und Sozialkompetenzen.
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Wie sieht der Berufsalltag als Arbeitsagoge aus?
Der Berufsalltag als Arbeitsagoge ist vielseitig und umfasst ein breites Spektrum an Tätigkeiten.
Aufgaben als Arbeitsagoge
Die Aufgaben eines Arbeitsagogen lassen sich grob in drei Handlungsfelder gliedern:
- Personen bei der Arbeit anleiten und unterstützen: Die Fachpersonen helfen den von ihnen betreuten Personen und leiten sie in ihrer Arbeit an, damit diese so autonom wie möglich am Arbeitsgeschehen teilhaben können. Dazu gehört das gemeinsame Festlegen von „Etappenzielen“ (wie die Verbesserung von Ausdauer und Konzentration) und das bedürfnisgerechte Einrichten des Arbeitsplatzes.
- Arbeitsgruppen führen: Arbeitsagogen leiten Gruppen und Besprechungen, klären Konflikte, erstellen Einsatzpläne und sorgen dafür, dass die Arbeiten qualitativ einwandfrei erledigt werden.
- Betriebswirtschaftliche Aufgaben übernehmen: Die Fachkräfte beraten auch die Bezugspersonen ihrer Klienten und pflegen Kontakte zu Betrieben, Behörden und anderen Beratungsstellen im Sinne ihrer Klienten. Sie tragen dazu bei, neue Aufträge zu akquirieren, erstellen Offerten und stellen die Abwicklung der Aufträge sicher.
Wo kann man als Arbeitsagoge arbeiten?
Arbeitsagogen sind in der Regel in sozialen Institutionen tätig, die Arbeitsplätze für Menschen mit Unterstützungsbedarf anbieten. Das können beispielsweise Rehabilitationszentren, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, psychiatrische Kliniken, Suchtfachkliniken und Therapiezentren, Arbeitsprojekte für Jugendliche, Erwerbslose oder Asylsuchende, berufliche Trainingszentren oder Einrichtungen des Straf- und Massnahmenvollzugs sein.
Arbeitszeiten als Arbeitsagoge
Angestellte Agogen arbeiten meist während der regulären Betriebszeiten an Werktagen. Auch eine Teilzeittätigkeit ist möglich.
Was verdient man als Arbeitsagoge?
Der Lohn eines Arbeitsagogen beträgt zum Berufseinstieg etwa 74’100 Schweizer Franken pro Jahr, inklusive dem 13. Monatslohn. Dies entspricht einem monatlichen Verdienst von circa 5’700 Franken. Im Laufe ihres Berufslebens steigt ihr Lohn auf durchschnittlich 5’888 Schweizer Franken pro Monat, was einem mittleren Jahresverdienst von circa 76’541 Franken entspricht.
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Welche Berufsperspektiven hat man als Arbeitsagoge?
Arbeitsagogen haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, denn an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Sozialbereich besteht ein grosser Bedarf an Fachkräften. Die Wahrscheinlichkeit, eine Arbeitsstelle mit überdurchschnittlichem Lohn zu ergattern steigt nicht zuletzt aufgrund der mannigfaltigen Fortbildungsmöglichkeiten, die Arbeitsagogen offen stehen.
Einerseits bieten der Berufsverband VAS und die Ausbildungsinstitute selbst oft unterschiedlichste Kurse und Lehrgänge an (beispielsweise Integrationsberatung oder Job Coaching). Andererseits ist es möglich, durch Ablegen der Höheren Fachprüfung (HFP) beispielsweise zum diplomierten Sozialpädagogen, Aktivierungsfachmann oder zum Leiter Arbeitsagogik aufzusteigen. Mit entsprechender schulischer Vorbildung können Interessierte auch an einer Fachhochschule einen Bachelor / Master in Sozialer Arbeit belegen. Schliesslich gibt es auch Angebote von höheren Fachschulen und Fachhochschulen in verwandten Bereichen, wie den MAS in Arbeitsintegration, das CAS in Job Coaching – Supported Employment oder das CAS in Case Management.
Wo findet man passende Jobs als Arbeitsagoge?
Passende Jobs in diesem Berufsfeld findet man bei Medi-Karriere. Hier gibt es Jobs als Arbeitsagoge, Jobs als Sozialpädagoge und Stellenangebote in der Verwaltung.